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Die Staatskanzlei des Saarlandes

Entstehungsgeschichte

Bis zu Beginn der 1950er Jahre lag der Ludwigsplatz noch weitgehend in Trümmern.

Bis zu Beginn der 1950er Jahre lag der Ludwigsplatz noch weitgehend in Trümmern Ludwigsplatz in Trümmern
Bis zu Beginn der 1950er Jahre lag der Ludwigsplatz noch weitgehend in Trümmern Foto: Landesarchiv Saarland

Sitz des Ministerpräsidiums war zu Beginn noch die Villa Hirsch in der Scheidter Straße in Saarbrücken, später wurde die Villa Rexroth bezogen, die auf dem Gelände der heutigen Modernen Galerie stand. Das von der Bevölkerung auch als „Weißes Haus des Saarlandes“ bezeichnete Gebäude war vom österreichischen Architekten Georg Joseph Ritter von Hauberisser entworfen worden, der auch das St. Johanner Rathaus gestaltet hatte. Das herrschaftliche Wohngebäude erwies sich angesichts wachsender administrativer Aufgaben als unzureichend, und so begann das Staatliche Hochbauamt 1953 mit der Planung zum Bau eines neuen „Ministerpräsidiums und Präsidialkanzlei“ am Ludwigsplatz.

Sitz des Ministerpräsidiums war zu Beginn noch die Villa Hirsch in der Scheidter Straße in Saarbrücken, später wurde die Villa Rexroth bezogen, die auf dem Gelände der heutigen Modernen Galerie stand. Villa Rexroth
Foto: Landesarchiv des Saarlandes

Ministerpräsident Johannes Hoffmann wurde im März 1954 gebeten, den Entwurf seines neuen Amtssitzes einschließlich des vorgesehenen Raumprogramms zu genehmigen. Oberregierungsrat Friedrich Ahammer, der das Neubauprojekt auf staatlicher Seite betreute, erläuterte die architektonische Konzeption für die neue Kanzlei: „Der Entwurf sieht den Wiederaufbau der beiden Palais Lüder und von Freital an der Nordseite des Ludwigsplatzes vor und zurückgesetzt, jedoch mit den beiden Gebäuden locker verbunden, die eingeschossige Anlage des eigentlichen Präsidiums. Die beiden Palais werden äußerlich streng in der alten Form wieder aufgebaut, die eingeschossige Anlage setzt sich in ihrer neuzeitlichen Haltung klar dagegen ab. Sie erhält als Atrium-Anlage einen Innenhof, der das wichtigste Gestaltungselement der Gesamtanlage bildet. Die Außenanlage, begrenzt von Keplerstraße, Ost-West-Verbindung, Eisenbahnstraße und dem Ludwigsplatz, wird parkartig gestaltet und eingefriedet.“ Die Gesamtkosten wurden mit 340 Millionen Francs (2,89 Millionen DM / Wechselkurs 1959) veranschlagt, wobei der Wiederaufbau der beiden Palais jeweils 60 Millionen, das Flachgebäude mit einem insgesamt umbauten Raum von 12.000 Kubikmetern 150 Millionen Francs kosten sollte. Der Plan sah im wiederaufzubauenden Palais Lüder die Präsidialkanzlei mit 20 Büroräumen, Archiv, Wache und technischen Einrichtungen vor. Das benachbarte Palais von Freital sollte mit ebenfalls 20 Räumen das „Amt für Europäische und Auswärtige Angelegenheiten“ aufnehmen. Das zwischen beiden Palais geplante eingeschossige Flachgebäude sollte unter anderem eine „große Empfangshalle für offizielle Gäste, Zimmer für den Präsidenten, 2 Vorzimmer, Privatraum mit Toilette und Waschgelegenheit, Zimmer für den Ministerialdirigenten (heute: Chef der Staatskanzlei), 2 Vorzimmer, 1 Besprechungszimmer und in Verbindung damit einen großen Festsaal für 200 Personen, einen Kabinettssaal für 12 Personen mit Besprechungszimmer und einen großen Sitzungssaal für 24 Personen“ erhalten.

Die offizielle Einweihung der neuen Staatskanzlei fand am 24. September 1958 statt. Man hatte dieses Datum gewählt, weil der neue Hausherr, Ministerpräsident Dr. Egon Reinert, an diesem Tag seinen 50. Geburtstag beging. Zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirche und Kultur waren daher zur Feier beider Anlässe geladen.
Die anwesenden Festredner lobten die Architektur des neuen Domizils als eine gelungene Symbiose von Tradition und Moderne, von Sachlichkeit und Eleganz. „Zurückhaltend und bescheiden“, so führte Kanzleichef Dr. Best aus, „fügt sich diese moderne, abstrahierende Architektur in den großartigen barocken Rahmen der höfischen Blütezeit ein. (…) Was an dem Pathos jenes Jahrhunderts zu viel sein könnte, klingt hier aus in moderner Sachlichkeit. Sachlichkeit soll hier Sachdienlichkeit bedeuten.“

Einen Bogen von der Ästhetik des neuen Hauses zur Aufgabe der Regierenden schlug auch der katholische Stadtdechant Augustinus Braun in seiner Rede. Er wünschte, dass ein lebendiger, schöpferischer Geist hier wohnen möge und „mit erleuchteter Weisheit, väterlicher Güte und vertrauenserheischender Autorität“ von dieser Stätte aus das Schicksal des Landes gelenkt werde. Der ein Jahr zuvor gewählte neue Ministerpräsident Egon Reinert konnte seinen Gästen die neuen Diensträume vorstellen: Nach Betreten des Gebäudes gaben fünf raumhohe Fensterelemente den Blick auf den von Friedrich Ahammer konzipierten Innenhof frei. Vier der Fensterelemente konnten überdies durch ein gewaltiges Getriebe, das sich im Untergeschoss befand, elektrisch in Bewegung gesetzt und nahezu unsichtbar im Boden versenkt werden; für die damalige Zeit ein kleines technisches Wunder, das es Gästen und Besuchern ermöglichte, bei schönem Wetter durch den im Innenhof angelegten Garten zur gegenüberliegenden Empfangshalle zu gelangen.
Der Fußbodenbelag war in Anlehnung an einen sogenannten Römischen Verband verlegt. Das streng geometrische Muster entsteht dabei aus vier verschiedenen Plattengrößen, wobei jeweils zwei der kleineren Fliesen die nächstgrößere Fläche ergeben. Diese Verlegeart wurde auch im Sandsteinbelag des Innenhofes fortgesetzt. Zum Wiederaufbau des Ludwigsplatzes fehlte lediglich an der Nordostecke ein Gebäude, das Fürst Wilhelm Heinrich im 18. Jahrhundert als Schul- und Pfarrhaus für die reformierte Kirchengemeinde in Saarbrücken hatte errichten lassen und das im Zweiten Weltkrieg total zerstört worden war.

Genau zweihundert Jahre nach Einweihung der Ludwigskirche beschloss der Ministerrat unter Ministerpräsident Dr. Franz Josef Röder den Wiederaufbau dieses letzten noch fehlenden Stengelpalais. Im Juni 1976 fand der erste Spatenstich statt, und nach einer Bauzeit von drei Jahren konnte das im Stile Stengels wiedererrichtete Haus seiner Bestimmung übergeben werden. Ein Monat später starb der Bau- und Hausherr, der die bisher längste Amtszeit als Ministerpräsident des Saarlandes vorzuweisen hat. Nicht nur im Hinblick auf seine damalige Initiative, sondern auch in Erinnerung an diese 20jährige verdienstvolle Regierungszeit, wurde das Gebäude „Palais Röder“ genannt.

Gemeinsam mit Umweltminister Schacht führte Ministerpräsident Röder am 12. Juni 1976 den ersten Spatenstich zur Errichtung des später "Palais Röder" genannten Gebäudes durch. Spatenstich Palais Röder
Gemeinsam mit Umweltminister Schacht führte Ministerpräsident Röder am 12. Juni 1976 den ersten Spatenstich zur Errichtung des später "Palais Röder" genannten Gebäudes durch. Damit wurde mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Kriegsende die letzte Baulücke im spätbarocken Ensemble von Friedrich Joachim Stengel geschlossen Foto: Landesarchiv


Nach der Volksabstimmung vom 23. Oktober 1955 kam es zu einer grundlegenden politischen Neuorientierung der Landespolitik. Ministerpräsident Johannes Hoffmann und sein Kabinett erklärten ihren Rücktritt. Nach einem Übergangskabinett unter Heinrich Welsch (parteilos) wurde durch Ministerpräsident Dr. Hubert Ney ein Kabinett der „Heimatbund-Koalition“ aus CDU, DPS und SPD gebildet, um die Rückkehr des Saarlandes in die Bundesrepublik zu erreichen. Dieser grundlegende Wechsel führte zu einer Abkehr vom saarländischen Sonderweg und zur Annäherung an deutsche Verwaltungsformen, sodass auch die Bezeichnung „Staatskanzlei“ für das Ministerpräsidium mit Wirkung vom 1. Januar 1957 eingeführt wurde. Dr. Rolf Best als erster Leiter der saarländischen Regierungszentrale erhielt die Amtsbezeichnung „Chef der Staatskanzlei“. Die Saarländische Staatskanzlei war damit eine Regierungszentrale mit einem ähnlichen Aufgabentypus und ähnlicher Bezeichnung wie in den übrigen Bundesländern.

Quelle: Auszug aus dem Buch "Die Staatskanzlei des Saarlandes", echolot-Reihe des Landesarchivs