Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie | Bergbau

Erderschütterungen

Am 15. September 2014 kam es im Bereich des ehemaligen Steinkohleabbaufeldes Primsmulde wieder zu einem bergbaubedingten Erschütterungsereignis. Die maximale Schwinggeschwindigkeit wurde am Seismographenstandort Tagesanlage Schacht Primsmulde mit 7,5 mm/s aufgezeichnet. Zugeordnet werden konnte eine Magnitude von 2,7 nach Richterskala. An allen anderen Standorten der Seismographen wurden Schwinggeschwindigkeiten zwischen 1,1 mm/s und  3,5 mm/s  registriert. Im Bereich baulicher Anlagen (Seismographenstation Lebacher Straße, Freibad, Saarwellingen Hessbach) lag die maximale Schwinggeschwindigkeit bei 3,5 mm/s. Da der gemessene Wert deutlich unterhalb des Anhaltswerts der DIN 4150 von 5 mm/s für bauliche Anlagen liegt, sieht das Bergamt Saarbrücken derzeit keine Veranlassung für die Einleitung weiterer Maßnahmen. Das Epizentrum des Ereignisses lag nach bisherigen Erkenntnissen im Bereich der Kopfstrecke Streb Prims 1 bei Streckenmeter 1.000 in einer Tiefe von rund 1.130 Metern NN. Als Ursache des Ereignisses können zwei auslösende Faktoren in Frage kommen: Erstens der Abbau von Restspannungen im Gebirge und zweitens der Anstieg des Grubenwassers im Bereich des ehemaligen Baufeldes Primsmulde.

Ursache für bergbaubedingte Erderschütterungen ist der im Gebirge bereits vorliegende Spannungszustand, der durch die bergbaulichen Aktivitäten verändert wird. Dies kann dazu führen, dass insbesondere bei vorhandenen festen Gebirgsschichten Bruchmechanismen ausgelöst werden, die zu Erschütterungen führen können. Die Erschütterungen finden auf Trennflächen statt, die entweder im Zuge des Abbaus entstehen oder bereits vor dem Abbau vorhanden sind. Das Gebirge im ehemaligen Baufeld Primsmulde, dass sich während des aktiven Abbaus als erschütterungsfähig erwiesen hat,  befindet sich im Wesentlichen in dem Spannungszustand, wie zum Zeitpunkt der Abbaueinstellung im Jahr 2008. Es hat grundsätzlich das Bestreben, langfristig noch vorhandene Spannungsunterschiede auszugleichen. Anzeichen dafür, dass noch Restspannungen vorhanden sind, ist die Tatsache, dass es sich bei den beiden Streben Prims 1 und Prims 2 um einen Teilflächenabbau handelte, da ein Vollflächenabbau durch den Abbaustopp am 23. Februat 2008 nicht erreicht werden konnte. Dies belegt auch die geringe Abbauvorfeldkonvergenz, die nach dem Abbaustopp 2008 in den Abbaubegleitstrecken offensichtlich war. Ein weiteres Indiz für vorhandene Restspannungen sind messtechnisch nachgewiesene Senkungsdefizite an der Tagesoberfläche.

Sonderbetriebsplan

Im Bereich der ehemaligen Baufelder Primsmulde und Dilsburg erfolgt seit Mai 2013 auf der Basis einer Sonderbetriebsplanzulassung des Bergamts Saarbrücken der Anstieg des Grubenwassers. Die ursprüngliche Planung der RAG zum Rückzug aus dem Untertagebetrieb am Standort des Bergwerks Saar in Ensdorf sah vor, alle Tageszugänge zu verschließen und die Wasserhaltungen abzuschalten. Über einen Zeitraum von acht Jahren sollte dann das zufließende Wasser auf das Niveau  minus 400 Meter NN ansteigen und danach in Richtung Osten überlaufen, um am Standort Reden zusätzlich gehoben zu werden. Die Bergbehörde äußerte gegen dieses Vorhaben Bedenken, da bei dem geplanten Wasseranstieg die ehemaligen erschütterungsrelevanten Baufelder Dilsburg Ost und Primsmulde geflutet würden, so dass es im Rahmen der Flutung dieser Baufelder dort zu Spannungsumlagerungen kommen könne und infolge dessen mit Erderschütterungen gerechnet werden müsse. Der RAG wurde deshalb aufgegeben, Vorkehrungen zu treffen, um den Flutungsprozess erforderlichenfalls bis hin zu dessen kompletten Stopp hin steuern zu können und einen Übertritt des Grubenwassers nach Reden auszuschließen.

Da die in das Verfahren eingebundenen Gutachter zum Ergebnis kamen, dass Erschütterungen nur dann in Zukunft sicher auszuschließen sind, wenn die erschütterungsrelevanten Horizonte geflutet sind, entschied sich das Bergamt Saarbrücken nach weiteren eigenen Recherchen, den Antrag der RAG unter Nebenbestimmungen zuzulassen, auch wenn Erschütterungen während des Flutungsvorgangs, der sich über einen Zeitraum von rund acht Jahren erstrecken wird, nicht auszuschließen sind. In seiner Gesamtabwägung kam das Bergamt zu dem Ergebnis, dass der Herstellung eines erschütterungsfreien Zustands der Vorzug zu geben war, da bei Nichtfluten ein erschütterungsfreier Zustand nicht gegeben wäre. Der Sonderbetriebsplan wurde deshalb am 19. Februar 2013 zugelassen.

Grubenwasseranstieg

Der Grubenwasserpegel ist von Anfang Mai 2013 bis Anfang September 2014 vom Ursprungniveau auf das Niveau minus 1.140 Meter NN  angestiegen. Während eines Grubenwasseranstiegs wird der bestehende Spannungszustand durch Auftriebskräfte, den ansteigenden Wasserdruck und die Veränderung der Reibungskoeffizienten auf bestehenden Trennflächen verändert. Diese Spannungsveränderung kann Erschütterungen auslösen. Dies ist unbestritten aus der Fachliteratur und aus anderen Bergbaurevieren bekannt. Wegen dieser Erkenntnisse wurde  der RAG durch Nebenbestimmungen in der Sonderbetriebsplanzulassung unter anderem die Installation eines seismischen Messsystems aufgegeben.  Durch eine weitere Nebenbestimmung in der Zulassung ist sichergestellt, dass in den Prozess des Grubenwasseranstiegs eingegriffen werden kann, sollten durch den Wasseranstieg Erschütterungsereignisse eintreten, die wegen ihrer Größenordnung und Häufigkeit nicht zu tolerieren sind.

Von Bedeutung ist auch, dass selbst bei Wiederinbetriebnahme der Wasserhaltung am Standort Schacht Duhamel in Ensdorf die ehemaligen Baufelder Dilsburg und Primsmulde  mit nicht vermeidbaren geogenen Wässern geflutet werden, so dass auch in diesem Fall die mögliche Erschütterungen nicht auszuschließen sind.

Seismografisches Netz

Aktuell sind 17 Messgeräte im Einsatz

Die RAG hat im Herbstdie Gesamtzahl der Seismografen zur Messung von Erderschütterungen im Saarland von elf auf 17 erhöht. Die hochempfindlichen Geräte zur Aufzeichnung von Bodenbewegungen sind über Tage rund um den früheren Kohleabbau des Bergwerks Saar nach wissenschaftlichen Grundsätzen aufgestellt (Anhang: Karte und Bürgerinformation VorOrt, Verteilung am Wochenende, Auflage 25 000). Mit den zusätzlichen Seismografen können Erderschütterungen flächendeckender erfasst werden.

Forderung des Landtags erfüllt

Damit hat das Unternehmen eine Forderung erfüllt, die der Landtag des Saarlandes am 24. September 2014 beschloss. Anlass war die Erderschütterung vom 15. September 2014 mit einem Maximalwert von 3,6 mm/s unter bebauter Ortslage. Am 10. Oktober 2014 folgte eine weitere, schwache Erderschütterung mit einem Höchstwert bei Hülzweiler von 0,6 mm/s. Ursache beider Erdbewegungen waren nach Angaben des Bergbauunternehmens Restspannungen im Gebirge, die sich lösten.

Auch zukünftig, so die RAG, könnten Erderschütterungen nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Zu diesem Schluss seien unabhängige Gutachten schon 2012 gekommen,  als die RAG im Hinblick auf die Schließung des Saarbergbaus die Genehmigung zum schrittweisen kontrollierten Anstieg des Grubenwassers im Grubenfeld des Bergwerks Saar erhielt. "Das Risiko von spürbaren Erderschütterungen ist seither nicht größer geworden. Mit dem Umbau der Wasserhaltungen auf Reservebetrieb ist der Grubenwasseranstieg zudem jederzeit steuerbar. Im Bedarfsfall kann auch sofort wieder gepumpt werden", schreibt das Unternehmen.