Thema: Wasser
| Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz | Finanzen

Richtlinien der Landesregierung des Saarlandes für die Gewährung staatlicher Zuwendungen bei Elementarschäden (Elementarschäden-Richtlinien – ESR)

Vom 22. Mai 2024

Präambel

Zur Milderung außergewöhnlicher Notstände infolge von Schäden, die durch Unwetter, Hochwasser oder sonstige Naturereignisse eingetreten sind und gegen die kein oder kein wirtschaftlich vertretbarer Versicherungsschutz möglich gewesen wäre, kann den betroffenen Privatpersonen, Vereinen und Unternehmen nach Maßgabe dieser Richtlinien eine Finanzhilfe gewährt werden, wenn diese die erlittenen Schäden nicht aus eigener Kraft zu beseitigen vermögen. Die Gewährung der Finanzhilfe erfolgt ohne Rechtsanspruch im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel. Sie ist keine Schadensersatzleistung und dient nicht dazu, das Eigenrisiko zu ersetzen.

I. Rechtsgrundlage, Zuwendungszweck

  1. Das Saarland gewährt im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach den §§ 23 und 44 der Haushaltsordnung des Saarlandes (LHO) und gemäß den Verwaltungsvorschriften zur Haushaltsordnung des Saarlandes (VV-LHO vom 27. September 2001, GMBl. S. 553, zuletzt geändert durch VV vom 13. Juli 2022 (Amtsbl. I. S. 1029)), in der jeweils geltenden Fassung, auf Antrag Zuwendungen nach Maßgabe dieser Richtlinie.
  2. Zuwendungszweck ist die Milderung außergewöhnlicher Notstände infolge von Schäden, die durch Elementarschadensereignisse von überörtlicher Bedeutung verursacht wurden. Ein Elementarereignis gilt als Ereignis von überörtlicher Bedeutung, wenn es von der Landesregierung als solches im Sinne dieser Richtlinie festgestellt wurde (vgl. Ziffer VII.1). Als Elementarereignisse zählen zum Beispiel Unwetter, Hochwasser, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Erdbeben oder Waldbrände. Dies schließt unter anderem auch Schäden von wild abfließendem Wasser, Sturzflut, aufsteigendem Grundwasser, überlaufender Regenwasser- und Mischkanalisation sowie Hangrutsch ein. Durch menschliches Versagen verursachte Ereignisse gelten nicht als Elementarschadensereignisse. Gleiches gilt für einzelne Schadensfälle, insbesondere für örtlich begrenzte Unglücksfälle.
  3. Die Förderung erfolgt für kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige der freien Berufe auf Grundlage der Verordnung (EU) 2023/2831 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen.
  4. Ein Rechtsanspruch auf eine Förderung besteht nicht. Die Bewilligungsstelle entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

II. Gegenstand der Förderung

Gefördert werden Maßnahmen zur Beseitigung unmittelbarer Schäden, bei denen durch direkte Einwirkung der Schadensursache Gegenstände beschädigt oder zerstört wurden oder verloren gingen, an/am

  1. privaten Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen, die für die Funktionsfähigkeit des privaten Gebäudes erforderlich sind,
  2. Hausrat,
  3. Vereinsvermögen
  4. Vermögen kleiner und mittlerer Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörigen der freien Berufe.

Mittelbare Schäden, wie z. B. Wertminderungen oder Finanzierungskosten, bleiben bei der Schadensermittlung unberücksichtigt.

III. Ziele und Indikatoren

Staatliche Finanzhilfe soll Hilfe zur Selbsthilfe bei akuten Notlagen leisten. Sie ist keine Schadensersatzleistung. Ein voller finanzieller Ausgleich des erlittenen Schadens ist grundsätzlich nicht möglich. Als Indikator gilt die Zahl der erlassenen Zuwendungsbescheide.

IV. Zuwendungsempfängerinnen/Zuwendungsempfänger

Erstempfängerin/Erstempfänger der Zuwendung sind die Landkreise und der Regionalverband Saarbrücken. Diese leiten die entsprechenden Finanzhilfen gemäß Nummer 12 der VV zu § 44 LHO an die Endempfängerinnen/Endempfänger weiter.

Endempfängerinnen/Endempfänger der Zuwendung sind Privatpersonen, Vereine sowie kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft und Angehörige der freien Berufe.

V. Zuwendungsvoraussetzungen

1. Die Förderung setzt voraus, dass die Geschädigten trotz Vornahme zumutbarer Maßnahmen in eine Notlage geraten sind.

2. Die Voraussetzung von Ziffer 1 liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die Geschädigten erforderliche Vorsorgemaßnahmen nicht ergriffen haben oder wenn sie bei Eintritt des Schadensereignisses Maßnahmen der Selbsthilfe nicht ergriffen haben, die nach den Umständen Erfolg versprechend waren. Zu den erforderlichen Vorsorgemaßnahmen zählt insbesondere der Abschluss einer Versicherung, soweit eine solche zu vertretbaren, wirtschaftlichen Bedingungen abgeschlossen werden kann. Den Nachweis, dass gegen die entstandenen Schäden kein Versicherungsschutz wirtschaftlich zumutbar oder möglich war (z. B. durch eine Elementarschadenversicherung), hat der Antragstellerin/des Antragstellers zu führen. Eine entsprechende Ablehnung des Versicherungsunternehmens, bei dem bereits eine Gebäudeversicherung und/oder Hausratsversicherung abgeschlossen wurde, ist für den Nachweis ausreichend. Sofern keine Gebäudeversicherung bzw. Hausratsversicherung existiert oder eine entsprechende Ablehnung existiert, gilt der Nachweis als erbracht, wenn durch zwei aktuelle Angebote von Versicherungsunternehmen dargelegt wird, dass grundsätzlich ein entsprechender Versicherungsschutz entweder nicht angeboten oder zwar angeboten, aber im konkreten Einzelfall wirtschaftlich unzumutbar ist.

Folgende Versicherungsprämien werden als wirtschaftlich vertretbar für den/die Antragsteller/in angenommen:

2.1 Privatpersonen

2.1.1 Wenn der Nachweis eines Leistungsbezuges nach den Vorschriften des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitssuchende) oder des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe) oder des Asylbewerberleistungsgesetzes erbracht wird, ist keine Prämienzahlung zumutbar.

2.1.2 In allen übrigen Fällen ist eine Prämie i. H. v. bis zu 2 v. H. des nach § 11 SGB II ermittelten Einkommens wirtschaftlich zumutbar.

2.2 Vereine

Bei gemeinnützigen Vereinen ist eine Prämienzahlung nicht zumutbar, sofern die Einnahmen aus allen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einschließlich Umsatzsteuer einen Betrag i. H. v. 35 TEuro/a nicht übersteigen. Übersteigen die Einnahmen diesen Betrag, ist hingegen eine jährliche Prämie i. H. v. bis zu 1 v. H. der Einnahmen aus allen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einschließlich Umsatzsteuer vertretbar. Bei nicht gemeinnützigen Vereinen ist eine Prämie i. H. v. 1 v. H. der jährlichen Einnahmen (ohne Mitgliedsbeiträge und Spenden) vertretbar.

2.3 Unternehmen

Bei kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie Angehörigen der freien Berufe sind Versicherungsprämien insoweit wirtschaftlich vertretbar, dass das Unternehmen oder ein vergleichbares Durchschnittsunternehmen noch einen angemessenen Gewinn nachhaltig erzielen kann und nicht die Substanz seines Vermögens nachhaltig angreifen muss.

3. Die Förderung ist gegenüber anderen Leistungen Dritter nachrangig. Sie wird nicht gewährt, soweit die eingetretenen Schäden durch Zahlungen einer Versicherung oder durch sonstige Hilfen, einschließlich steuerlicher Hilfen oder Spenden, ausgeglichen werden können. Gewährt das Land im Zusammenhang mit den in Ziffer II. genannten Schäden weitere Hilfen, werden diese angerechnet.

4. Die Förderung setzt eine Bedürftigkeit voraus.

4.1 Bedürftigkeit liegt grundsätzlich vor, wenn die Schäden so erheblich sind, dass deren Beseitigung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse aus eigener Kraft, insbesondere durch den Einsatz des Einkommens, in absehbarer Zeit nicht möglich ist.

4.2 Bedürftigkeit kann bei Privatpersonen in der Regel angenommen werden, wenn das nach § 11 SGB II ermittelte Einkommen den vierfachen Grundfreibetrag nach § 32a EStG nicht übersteigt. Für jede zum Haushalt gehörende Person erhöhen sich die vorstehend genannten Freigrenzen um einen weiteren Grundfreibetrag nach § 32a EStG bzw. Freibetrag nach § 12 Absatz 2 und 3 SGB II.

4.3 Bei kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie Angehörigen der freien Berufe liegt Bedürftigkeit vor, wenn die Schäden so erheblich sind, dass die Fortführung des Unternehmens trotz des Einsatzes eigener Mittel oder durch zumutbare anderweitige Darlehensaufnahme in absehbarer Zeit nicht möglich ist. Dabei sind das Privatvermögen der Inhaber und bei verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) die Verhältnisse der gesamten Unternehmen zu berücksichtigen.

4.4 Bei Vereinen liegt eine Bedürftigkeit vor, wenn die erlittenen Schäden so erheblich sind, dass der Verein in seinem Fortbestand bedroht ist und unter Berücksichtigung seiner Vermögens-, Ertrags- oder Liquiditätslage nicht imstande ist, die Schäden durch den Einsatz eigener Mittel des Vereinsvermögens und/oder durch Darlehensaufnahme zu marktüblichen Konditionen in absehbarer Zeit zu beheben.

5. Berücksichtigt werden Schäden, die sich mindestens auf einen Betrag i. H. v. 5 000 Euro belaufen. Für die Ermittlung dieser Schadensgrenze sind die den Geschädigten anderweitig zur Verfügung stehenden Mittel, wie z. B. Verwandten- und Nachbarschaftshilfen, sonstige Versicherungsleistungen, sonstige öffentliche Hilfen mit Ausnahme der Hochwasserhilfe, Schadenersatzansprüche, steuerliche Vorteile (z. B. Verlustrücktrag, Vorsteuerabzug USt, Minderung von Einkommen- und Gewerbesteuer durch Sonderabschreibungen oder Sofortabzug von Reparaturkosten) in Abzug zu bringen.

6. Die Geschädigten haben die zur Überprüfung ihrer Einkommensverhältnisse erforderlichen Unterlagen, zum Beispiel Einkommensteuerbescheide, Rentenbescheide, Kreditverträge und sonstige Unterlagen, grundsätzlich ihrem Antrag beizufügen. Die Erhebungen über die Einkommensverhältnisse sollen den Umständen und der Bedeutung des Falles angemessen sein.

7. Erfüllen Geschädigte die vorgenannten Voraussetzungen nicht, können sie ausnahmsweise dennoch Zuwendungen nach dieser Richtlinie erhalten, wenn ein besonderer Härtefall vorliegt. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn die erlittenen Schäden im Vergleich zum erzielten Einkommen und unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse unerträglich erscheinen. Für die Entscheidung ist der interministerielle Schadensausschuss gemäß VII.1.1 zuständig.

VI. Art und Umfang der Zuwendungen

Die Zuwendungen werden in Form einer Finanzhilfe und/oder eines Zinsverbilligungszuschusses erbracht.

1. Finanzhilfe

1.1 Zuwendungsart: Projektförderung

1.2 Finanzierungsart: Anteilsfinanzierung

1.3 Form der Zuwendung: nicht rückzahlbarer Zuschuss

1.4 Förderbetrag: Die Finanzhilfe beläuft sich auf bis zu 50 % der festgestellten Schadenssumme gemäß Ziffer V.5 dieser Richtlinie, max. 75.000 Euro.

1.5 Bemessungsgrundlage

1.5.1 Zuwendungsfähig sind nur Aufwendungen zur Beseitigung unmittelbarer Schäden, bei denen durch direkte Einwirkung der Schadensursache Gegenstände beschädigt, zerstört wurden oder verloren gingen. Hierunter werden private Gebäude, Gebäude und sonstige bauliche Anlagen des Vereinsvermögens, sonstige notwendige Gegenstände zur Betätigung des Vereins, notwendiger Hausrat und notwendige Kleidung sowie betriebsnotwendiges Anlagevermögen (z. B. Grundstück, Gebäude, bauliche und maschinelle Anlagen, Einrichtungsgegenstände) und betriebsnotwendige Vorräte des Umlaufvermögens (z. B. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige/fertige Leistungen) erfasst.

1.5.2 Bei der Ermittlung der zuschussfähigen Aufwendungen sind in der Regel nur die notwendigen Wiederbeschaffungs- oder Reparaturkosten des vernichteten Wirtschaftsguts einzubeziehen, soweit die vernichteten oder beschädigten Vermögensgegenstände zur Fortführung des privaten Haushalts, der Vereinstätigkeit, des Betriebes oder einer sonstigen auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit unentbehrlich sind. Der Wert der eigenen Arbeitsleistung ist grundsätzlich kein zuwendungsfähiger Schaden. Eine Werterhöhung gegenüber dem Zustand vor Schadenseintritt, z. B. beim Ersatz von gebrauchten Gegenständen durch neue, ist durch einen pauschalen Abschlag von 15 v. H. zu berücksichtigen.

1.5.3 Alle über die unter Ziffer V.5 genannten Einkommens- und Vermögenstatbestände hinausgehenden sonstigen Einnahmen aus eigenem Einkommen und Vermögen, Darlehen sowie Zuwendungen und Leistungen Dritter dienen als Deckungsmittel für den mit der Schadensbehebung zusammenhängenden Eigenanteil.

2. Zinsverbilligungszuschuss

Soweit die gemäß Ziffer V.5 festgestellte Schadenssumme im Einzelfall den Betrag von 150 000 Euro übersteigt, kann zu dem übersteigenden Schadensbetrag ein Zinsverbilligungszuschuss von bis zu 100 v. H. gewährt werden. Bezuschusst werden können Darlehen von Kreditinstituten, die zur Behebung der Schäden aufgenommen werden und hinsichtlich der Verzinsung und Tilgung, einschließlich aller Nebenleistungen, marktüblichen Bedingungen entsprechen. In der Regel soll der Zinsverbilligungszuschuss für eine Darlehenslaufzeit von längstens zehn Jahren berechnet und in einem Betrag – abgezinst – nach vollständiger Auszahlung des Darlehens dem Darlehenskonto gutgeschrieben werden. Wird ein durch Einmalzinszuschuss verbilligtes Darlehen vorzeitig vollständig getilgt, ist der anteilige Barwert des Zinszuschusses vom Kreditinstitut zulasten des Darlehensnehmers zurückzuzahlen. Der anteilige Barwert des Zinszuschusses setzt sich zusammen aus den auf die vorzeitig getilgten Jahre entfallenden Teilbarwerten gemäß der ursprünglichen Bewilligung. Angefangene Zinsjahre (jeweils gerechnet vom Tag der Bewilligung an) können zugunsten des Darlehensnehmers jeweils wie volle, abgelaufene Zinsjahre behandelt werden. Eine Rückzahlung entfällt, wenn das Darlehen vom Tag der Bewilligung an gerechnet nicht mehr als 10 v. H. der ursprünglichen Laufzeit früher getilgt wird oder der zurückzuzahlende Betrag nicht mehr als 500 Euro beträgt.

VII. Verfahren

1. Feststellung eines Elementarereignisses

1.1 Unmittelbar nach Inkrafttreten dieser Richtlinie wird ein interministerieller Schadensausschuss eingerichtet, dem je ein Vertreter des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport, des Ministeriums für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie sowie des Ministeriums der Finanzen und für Wissenschaft angehören. Die Mitglieder des Ausschusses und deren Stellvertreter werden von dem jeweiligen Ressort entsandt. Der Ausschuss wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen auf sich vereint.

Die zur Beschlussfassung des Ausschusses erforderlichen Unterlagen/fachlichen Stellungnahmen werden federführend von den Vertretern der zuständigen Fachressorts aufbereitet. Demnach ergibt sich folgende Verantwortlichkeit:

  • Ministerium für Inneres, Bauen und Sport: Bewertung des Schadensereignisses aus Sicht der Gefahrenabwehr (Stufe der Gefahrenabwehr, Schadensgebiet), Umfang der Gefahrenabwehr (Einsatzkräfte und -mittel), Ansprechpartner zu Nachfragen der Landkreise/Kommunen, Einzelfragen zu Schadensfällen bei Vereinen,
  • Ministerium der Finanzen und für Wissenschaft: Erlass der Zuwendungsbescheide an die Landkreise/den Regionalverband (vgl. Ziffer 1.4), Einzelfragen zu Schadensfällen bei Privatpersonen,
  • Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie: Einzelfragen zu Schadensfällen bei Unternehmen,
  • Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz: Feststellung eines Elementarereignisses aus meteorologischer bzw. seismografischer Sicht.

Darüber hinaus können der Saarländische Städte- und Gemeindetag sowie der Landkreistag des Saarlandes jeweils einen Vertreter mit beratender Stimme in den Ausschuss entsenden.

1.2 Sind durch ein Naturereignis in einem größeren Gebiet schwere Schäden in größerer Zahl verursacht worden, ermitteln die zuständigen Landräte bzw. der Regionalverbandsdirektor sofort den überschaubaren Umfang der nach dieser Richtlinie relevanten Schäden und unterrichten unverzüglich den interministeriellen Schadensausschuss. Dieser prüft umgehend, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Elementarereignisses gemäß I.2. voraussichtlich erfüllt sind. Auf seinen Vorschlag entscheidet die Landesregierung, ob die Voraussetzungen dieser Richtlinie vorliegen und damit die Gewährung staatlicher Zuwendungen gemäß dieser Richtlinie erfolgen kann. Danach obliegt dem Ausschuss u. a. die Festlegung der Schadensgebiete, konkretisierende Hinweise und Erläuterungen dieser Richtlinie sowie im Einzelfall die Vorbereitung evtl. notwendiger weiterer Regierungsbeschlüsse.

1.3 Der Beschluss der Landesregierung zur Durchführung einer Finanzhilfeaktion sowie die Frist für die Antragsstellung werden im Internet (Saarlandseite) veröffentlicht.

1.4 Aufgrund des unter Ziffer 1.2 gefassten Beschlusses der Landesregierung erlässt das Ministerium der Finanzen und für Wissenschaft Zuwendungsbescheide an die betroffenen Landkreise bzw. den Regionalverband Saarbrücken als Erstempfänger der Landeszuwendungen.

2. Antragstellung Endempfänger

2.1 Die Anträge auf Gewährung einer Finanzhilfe sind innerhalb der gesetzten Frist bei den Oberbürgermeistern bzw. Bürgermeistern der vom Schadensereignis betroffenen Städte und Gemeinden schriftlich zu stellen oder zur Niederschrift zu erklären. Alternativ können auch bei den Landkreisen und dem Regionalverband schriftliche Anträge gestellt werden. Dabei sollen die in dieser Richtlinie vorgegebenen Muster verwendet werden. In die Antragsvordrucke sind Erklärungen der Antragstellerin/des Antragstellers aufzunehmen, dass dieser

2.1.1 mit der Einholung einer Auskunft über seine Einkommens- und Vermögenslage bei dem zuständigen Finanzamt einverstanden ist,

2.1.2 alle Ansprüche, die ihm aus dem Schadensereignis gegenüber Dritten zustehen, bis zur Höhe der Finanzhilfe an die Bewilligungsbehörde abtritt,

2.1.3 seine Zustimmung zur erforderlichen Datenverarbeitung gemäß Datenschutzgrundverordnung und gemäß dem Saarländischen Datenschutzgesetz erteilt.

Bei kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie Angehörigen der freien Berufe sind ferner alle De-minimis-Beihilfen anzugeben, welche das Unternehmen und mit ihm relevant verbundene Unternehmen in den letzten drei Jahren erhalten haben (De-minimis-Erklärung). Die Anträge sind unverzüglich an die zuständige Schadenskommission (s. Ziffer 3.1) weiterzuleiten.

2.2 Die Anträge sind bei allen beteiligten Stellen als Sofortsache zu behandeln. Die Behördenleiter haben geeignete Kräfte in ausreichender Zahl einzusetzen.

2.3 Nach Ablauf der festgesetzten Frist gestellte Anträge sind nur unter den Voraussetzungen des § 32 des Saarländischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (SVwVfG) zulässig.

3. Bewilligung der Zuwendungen an die Endempfänger/Endempfängerinnen

3.1 Für die Feststellung der Schäden in den betroffenen Landkreisen bzw. dem Regionalverband und zur Abwicklung der Schadensfälle werden je nach dem Umfang der Schäden eine oder mehrere Schadenskommissionen gebildet. Werden mehrere Schadenskommissionen eingesetzt, so können Fachkommissionen zur Bearbeitung bestimmter Schadensarten gebildet werden. Der Landrat bzw. der Regionalverbandsdirektor beruft die Mitglieder der Schadenskommission. Mitglieder der Schadenskommission sollen sein ein Vertreter der Unteren Bauaufsichtsbehörde (UBA), der Bürgermeister oder der vom Bürgermeister bestellte Vertreter der Gemeinde, in der der Schaden entstanden ist, sowie je nach Bedarf sachverständige Bedienstete der Behörden. Je nach Schadensart können Vertreter der einschlägigen Berufsvertretungen und Kammern, wie z. B. der Handwerkskammer und der Landwirtschaftskammer, als sachverständige Mitglieder in die Schadenskommission berufen werden.

3.2 Die Schadenskommission stellt den Schaden fest und prüft, ob das Schadensereignis bei den Betroffenen eine außergewöhnliche Notlage hervorgerufen hat, die aus eigener Kraft in absehbarer Zeit nicht beseitigt werden kann. Bei formlos gestellten Anträgen auf Gewährung einer Zuwendung nach Ziffer VI. sind die Antragsvordrucke ggf. unter Mithilfe der Schadenskommission nachträglich auszufüllen und mit den dazugehörigen Erklärungen von dem/der Antragsteller/in zu unterschreiben.

3.3 Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet der Landrat bzw. der Regionalverbandsdirektor (Bewilligungsbehörde) abschließend nach pflichtgemäßem Ermessen über die zu gewährende Zuwendung, sofern sich der interministerielle Schadensausschuss gemäß Ziffer 3.6 die Entscheidung nicht vorbehalten hat. Über die Zuwendungsanträge wird schriftlich entschieden.

3.4 Mit der schriftlichen Entscheidung über die Zuwendung erhalten kleine und mittlere Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sowie Angehörige der freien Berufe eine Bescheinigung über die bewilligte Beihilfe (De-minimis-Bescheinigung).

3.5 Steht in akuten Notfällen oder zeitaufwendigen Fällen die Zuwendungsfähigkeit nur dem Grunde nach fest, kann vorläufig bewilligt oder eine spätere Zuwendung schriftlich in Aussicht gestellt werden.

3.6 Bei Zweifelsfragen kann der interministerielle Schadensausschuss gehört werden, dieser kann sich die Entscheidung über die Zuwendung vorbehalten. In Fällen von grundlegender Bedeutung ist der interministerielle Schadensausschuss zu hören. Hierzu leitet der Landrat bzw. der Regionalverbandsdirektor den Bericht der Schadenskommission mit seiner Stellungnahme dem Ausschuss zu, der über die zu gewährenden Hilfen entscheidet.

4. Auszahlung der Zuwendungen an die Endempfänger/Endempfängerinnen

4.1 Die Zuwendungen nach Ziffer VI. dürfen nur unmittelbar zu der im Bewilligungsbescheid bestimmten Schadensbehebung (Zuwendungszweck) verwendet werden. Die Zuwendungen sind wirtschaftlich und sparsam zu verwenden.

4.2 Die Zuwendungen werden in der Regel für fällige oder bereits geleistete Zahlungen nach Vorlage entsprechender Originalbelege und einer Aufstellung über die Finanzierung der Zahlungen sowie des Nachweises der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendungen ausbezahlt.

4.3 Zuwendungen für Gebäude- und Hausratschäden können zunächst ohne Belege geleistet werden, wenn der Bewilligungsbehörde die Behebung der Mängel zur Aufrechterhaltung des Betriebes, des Vereinsbetriebes oder eines angemessenen Wohnstandards dringend erforderlich erscheint und die Betroffenen nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sind, diese Zahlungen auszulegen.

4.4 Die Finanzhilfe darf nur für fällige Zahlungen im Rahmen der Schadensbehebung angefordert werden, wenn die eigenen Mittel sowie die Zuwendungen Dritter verbraucht sind. Sie ist alsbald nach Erhalt zu verwenden. Sie wird grundsätzlich unbar auf das im Antrag angegebene Bankkonto ausbezahlt.

4.5 Sind die der Bewilligung zugrunde gelegten Gesamtausgaben noch nicht in voller Höhe angefallen, soll die Finanzhilfe grundsätzlich nur anteilig ausbezahlt werden. Finanzhilfe für fällige Zahlungen kann auch unmittelbar an den aus der Rechnung ersichtlichen Zahlungsempfänger ausbezahlt werden.

4.6 Der Zuwendungsgeber kann den Landräten bzw. dem Regionalverbandsdirektor mit Zustimmung des Finanzressorts auf Antrag vorläufige Kontingente für die Gewährung von Finanzhilfen zuteilen und in diesem Rahmen bei kassenmäßigem Bedarf den unmittelbaren Abruf der Gelder bei der Landeshauptkasse zulassen. Die Abrechnung erfolgt nach Feststellung der den Geschädigten insgesamt gewährten Hilfen.

VIII. Verwendungsnachweis durch die Endempfänger/Endempfängerinnen

1. Die zur Auszahlung der Zuwendungen nach Ziffer VI. vorgelegten Belege sind mit einem Prüfzeichen versehen an den Zuwendungsempfänger zurückzugeben. Eine Liste der vorgelegten Belege mit Prüfungsvermerk ist nach Auszahlung des letzten Teilbetrages zu den Bewilligungsakten zu nehmen.

2. Die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendungen ist, soweit dies nicht bereits bei Auszahlung der Zuwendungen geschehen ist, unverzüglich nach Abschluss der Schadensbehebung, spätestens jedoch zu dem von der Bewilligungsbehörde gesetzten Termin nachzuweisen (Verwendungsnachweis).

3. Die Bewilligungsbehörde oder sonst beauftragte Stelle hat die Verwendung der Zuwendungen sowie die zeitgerechte Vorlage des Verwendungsnachweises in geeigneter Weise zu überwachen und den Verwendungsnachweis unverzüglich nach Eingang zu prüfen. Liegen mehrere Schadensarten vor, sind die Beträge für die einzelnen Schadensarten bei der Prüfung des Verwendungsnachweises zu beachten.

4. Die Bewilligungsbehörde kann bestimmen, dass mit dem Nachweis oder anstelle des Nachweises die Originalbelege vorzulegen sind. Die sich aus Ziffer IX.6 ergebenden Prüfungsrechte bleiben unberührt. Die gegebenenfalls vorzulegenden Originalbelege müssen die im Geschäftsverkehr üblichen Angaben und Anlagen enthalten, die Ausgabebelege insbesondere den Zahlungsempfänger, Grund und Tag der Zahlung, den Zahlungsbeweis und den Verwendungszweck. Die Belege sind drei Jahre nach Vorlage des Verwendungsnachweises aufzubewahren.

5. Der Verwendungsnachweis kann innerhalb eines von der Bewilligungsbehörde festzulegenden Zeitraums nachgereicht werden.

6. Bei der Prüfung der Verwendungsnachweise kann sich die Bewilligungsbehörde auf den Nachweis beschränken, dass die im Bewilligungsbescheid gewährte Finanzhilfe zur Schadensbehebung zweckentsprechend verwendet wurde. Der Nachweis der Beseitigung aller entstandenen Schäden ist nicht erforderlich.

7. Erhöhen sich nach der Bewilligung die Eigenmittel oder treten neue Finanzierungsmittel hinzu, so

7.1. ermäßigen sich die Zuwendungen nach Ziffer VI. anteilig, wenn die Änderung weniger als 25 v. H. der zuwendungsfähigen Aufwendungen zur Schadensbeseitigung ausmacht;

7.2. hat die Bewilligungsbehörde ihr pflichtgemäßes Ermessen hinsichtlich Art und Höhe der Förderung neu auszuüben, wenn die Änderung mehr als 25 v. H. beträgt. Die Bewilligung steht insoweit unter dem Vorbehalt des Widerrufs.

8. Mitteilungspflichten des Zuwendungsempfängers/der Zuwendungsempfängerin

Der Empfänger von Zuwendungen nach Ziffer VI. ist verpflichtet, unverzüglich der Bewilligungsbehörde anzuzeigen, wenn

8.1 nach Antragstellung oder Bekanntgabe des Bewilligungsbescheids weitere Zuwendungen für denselben Zweck bei anderen öffentlichen Stellen beantragt oder von ihnen erhält oder wenn sich sonstige Änderungen der Finanzierung ergeben,

8.2 der Verwendungszweck oder sonstige für die Bewilligung der Zuwendungen maßgebliche Umstände sich ändern oder wegfallen,

8.3 sich herausstellt, dass der Verwendungszweck (Schadensbehebung) überhaupt nicht oder mit den bewilligten Zuwendungen nicht zu erreichen ist,

8.4 die abgerufenen oder ausgezahlten Beträge nicht unmittelbar nach Auszahlung verbraucht werden können,

8.5 ein Insolvenz-, Vergleichs- oder Zwangsvollstreckungsverfahren gegen ihn beantragt oder eröffnet wird.

9. Der Verwendungsnachweis der Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken gegenüber dem Saarland besteht aus einer Liste der geförderten Endempfänger/Endempfängerinnen mit den jeweiligen Fördersummen unter Angabe der Art der Endempfänger/innen (Privatpersonen, Vereine, Unternehmen).

IX. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

1. Von den Zuwendungen nach Ziffer VI. übernimmt das Land 50 v. H. Die Gemeindeverbände und die Gemeinden sollen sich mit einer Interessenquote von jeweils 25 v. H. an der Finanzhilfe beteiligen.

2. Der vom Land zu erbringende Finanzierungsanteil wird gegenüber den Geschädigten nicht erhöht, soweit sich Gemeinden oder Gemeindeverbände an der Finanzierung der Finanzhilfe nicht beteiligen.

3. Die Inanspruchnahme von Finanzhilfe gleichzeitig mit Zuwendungen aus anderen staatlichen Förderprogrammen ist nicht ausgeschlossen. Die gesamten Zuwendungen und Leistungen Dritter dürfen die Höhe der entstandenen Schäden nicht überschreiten.

4. Auch Personen, die Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII erhalten, können grundsätzlich Zuwendungen nach Ziffer VI. bewilligt werden. In solchen Fällen ist die Entscheidung mit dem zuständigen Leistungsträger abzustimmen.

5. Um in Fällen der Rücknahme oder des Widerrufs von Bewilligungsbescheiden oder des Eintritts einer auflösenden Bedingung Härten zu vermeiden, kann von einer Herabsetzung oder Rückforderung bereits ausbezahlter Zuwendungen nach Ziffer VI. im Einzelfall abgesehen werden, wenn die nachgewiesenen Gesamtausgaben zur Schadensbehebung um nicht mehr als 10 v. H., höchstens 2 000 Euro, unter den der Bewilligung zugrunde gelegten Kosten liegen oder die zurückzufordernde Zuwendung nicht mehr als 200 Euro beträgt und keine besonderen Gründe gegen einen Verzicht auf die Herabsetzung oder Rückforderung sprechen.

6. Die Bewilligungsbehörde ist berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Zuwendungen nach Ziffer VI. durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. Der Finanzhilfeempfänger hat die erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten und die notwendigen Auskünfte zu erteilen.

7. In den Zuwendungsbescheiden ist dem Rechnungshof des Saarlandes ein Prüfungsrecht hinsichtlich der Verwendung der Zuwendungen vorzubehalten.

8. Die vorstehenden Bestimmungen sind auf die Landeshauptstadt Saarbrücken entsprechend anzuwenden. Die Landkreise sowie der Regionalverband Saarbrücken können die ihnen bei der Durchführung von Finanzhilfeaktionen zukommenden Aufgaben und Befugnisse auf die Mittelstädte mit deren Zustimmung übertragen.

X. Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt des Saarlandes in Kraft. Sie treten an die Stelle der Elementarschäden-Richtlinien vom 19. Juni 2020 (Amtsbl. I, S. 420 ff.) und ersetzen in ihrer geänderten Fassung die Ausgangsfassung aus dem Jahr 2020.

Saarbrücken, den 28. Mai 2024

Die Regierung des Saarlandes:

Die Ministerpräsidentin

In Vertretung
Barke

Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie

Barke

Der Minister der Finanzen und für Wissenschaft

von Weizsäcker

Der Minister für Inneres, Bauen und Sport

Jost

Der Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit

Dr. Jung

Die Ministerin für Bildung und Kultur

Streichert-Clivot

Die Ministerin für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz

Die Ministerin der Justiz

Berg

Amtliche Texte zum Download - Amtsblatt des Saarlandes Teil I vom 29. Mai 2024