Thema: Mobilität
| Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz | ÖPNV

Handlungsfeld Barrierefreiheit

Eine barrierefreie Mobilität soll Menschen mit Mobilitätseinschränkung Partizipation und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Der Gesetzgeber hat für die Schaffung eines barrierefreien ÖPNV eine Zielbestimmung in § 8 Abs. 3 PBefG verankert, wonach Aufgabenträger in den Nahverkehrsplänen die Belange von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen berücksichtigen müssen – mit dem Ziel, bis zum 1. Januar 2022 eine vollständig barrierefreie Nutzung von Bussen und Straßenbahnen zu erreichen. Auch im Eisenbahnverkehr ist in § 2 Abs. 3 EBO eine verpflichtende Auseinandersetzung mit dem Handlungsfeld Barrierefreiheit vorgeschrieben, um eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zur Nutzung von Bahnanlagen und Fahrzeugen zu erreichen. Die Herstellung eines barrierefreien ÖPNV ist daher ein Fokusthema des VEP ÖPNV.

Strategie für Stationen und Haltestellen

Das Saarland ist bestrebt, in Zusammenarbeit mit den kommunalen Aufgabenträgern und Baulastträgern für Stationen und Haltestellen möglichst zeitnah eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen.

Allgemeine Anforderungen

Unabhängig vom zuständigen Baulastträger sind für den barrierefreien Ausbau von Stationen und Haltestellen die Norm DIN18024-1 anzuwenden. Zur Pflege eines landesweiten Datenbestandes hinsichtlich der Barrierefreiheit an Stationen und Haltestellen sind alle Baulastträger und Aufgabenträger angehalten, Informationen über die Ausbauplanung und tatsächliche Baumaßnahmen auf Anfrage bzw. nach Vereinbarung in regelmäßigen Intervallen an das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr oder eine von diesem bestimmte Stelle zu melden. Der Datenbestand ist bei den zuständigen Stellen kontinuierlich aktuell zu halten.

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr unterstützt das landesweit einheitliche Informationsmanagement zum barrierefreien Ausbaustand von Haltestellen durch Vorhaltung eines Datenbestands zum Haltestellenausbau (landesweites Haltestellenkataster). Für technische Anlagen zur Herstellung der Barrierefreiheit oder eines barrierearmen Zugangs zum ÖPNV (Aufzüge oder Rolltreppen) soll sukzessive eine technische Zustandsüberwachung dieser Anlagen erfolgen, um Echtzeitinformationen über die Funktionsfähigkeit dieser Anlagen bereitstellen zu können. Die Echtzeitinformationen werden in digitale Auskunftsmedien, insbesondere dem Saarfahrplan, integriert.

Bus- und Straßenbahnhaltestellen

Für den Ausbau von Bushaltestellen sind die Aufgabenträger und Baulastträger angehalten, im Einvernehmen eine Priorisierung für den Ausbau zu erarbeiten. Bei der Priorisierung sind folgende Kriterien zu beachten:

  • regelmäßige Bedienung der Haltestellen (auch außerhalb von Schulferien)
  • Erschließungsfunktion (Einwohner bzw. Ziele im Umkreis)
  • Erschließung von Einrichtungen mit besonderer Relevanz für die Barrierefreiheit (u. a. Stadtzentren, Versorgungseinrichtung, Arztpraxis, Schulen, Wohnheime, usw.)
  • Verknüpfungsfunktion mit anderen ÖPNV-Linien

Die Priorisierung soll Bestandteil der Nahverkehrspläne der jeweiligen Aufgabenträger werden und ist in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und fortzuschreiben.

Bahnhöfe und Haltepunkte des SPNV

Es wird auf das Handlungsfeld Stationen und Haltestellen (Kapitel 10) und dabei insbesondere auf die Maßnahme ST 2 – Bahnhofsentwicklungsprogramm: Ausbau von Bahnhöfen und Haltepunkten des SPNV verwiesen.

Bahnsteige

Alle Bahnsteige sollen stufenfrei zugänglich werden. Zunächst soll dies durch Rampen erreicht werden. Sollte dies nicht möglich sein, wird eine Umsetzung durch Aufzüge angestrebt.

Um langfristig eine vollständige Kompatibilität zwischen Bahnsteighöhen und eingesetzten Fahrzeugen herzustellen, sind auf dem Streckennetz der Deutschen Bahn bei allen künftigen Ausbaumaßnahmen die festgelegten Bahnsteighöhen gemäß dem zwischen den Bundesländern und der der Deutschen Bahn vereinbarten Bahnsteighöhenkonzept zu beachten. Bei Streckenabschnitten, die nicht dem Netz der Deutschen Bahn zugehören und im Zuge des Ausbaus des Landesnetzes Saarland für den SPNV-Betrieb hergestellt werden sollen, sind für die Zielhöhe der Bahnsteige (55 bzw. 76 cm) die im Landesnetz Saarland vorgesehenen Verknüpfungen mit dem Netz der Deutschen Bahn maßgeblich. Im Saarbahn-Netz ist eine einheitliche Bahnsteighöhe von 38 cm zugrunde gelegt. An Bahnsteigen, an denen Fahrten mehrerer Teilnetze halten, ist eine Umsetzung über verschiedene Bahnsteigabschnitte anzustreben, die jeweils eine geeignete Einstiegshöhe aufweisen. Tab. 49 zeigt das derzeit geplante Bahnsteighöhenkonzept für alle Bestandsstrecken und die im Rahmen des VEP ÖPNV zur Reaktivierung vorgesehenen Strecken.

Tab. 49: Bahnsteighöhenkonzept

760 mm550 mm380 mm
(Saarbahn-Ausbau)
Bestandsstrecken
  • (Kaiserslautern) – Homburg – St. Ingbert – Saarbrücken
  • (Trier) – Merzig – Dillingen – Saarbrücken
  • (Trier) – Perl
  • (Mainz) – Neubrücke – Neunkirchen – Saarbrücken (RE-Halte)
  • Homburg – Einöd
  • Dillingen – Niedaltdorf
  • Rohrbach – Einöd – Zweibrücken – Pirmasens
  • Neubrücke – Neunkirchen – Saarbrücken (RB-/S-Bahn-Halte)
  • Saarbrücken – Quierschied – Illingen – Lebach – Lebach – Jabach
  • Homburg – Neunkirchen – Illingen
  • Saarbrücken-Brebach – Kleinblittersdorf – (Saargemünd)
  • Lebach – Heusweiler – Saarbrücken Siedlerheim
Potenziell zu reaktivierende Strecken (s. Kap. 7.3 ff.)
  • Merzig – Losheim
  • Dillingen – Körprich – Schmelz
  • Körprich – Lebach-Jabach
  • Saarbrücken – Fürstenhausen – Großrosseln
  • Fürstenhausen – Überherrn

Fahrgastinformationen

Fahrgastinformationen sind in allgemein verständlicher Sprache zu verfassen und wichtige Aushanginformationen mit aussagekräftigen Piktogrammen bzw. Symbolisierung der Inhalte zu versehen. Fahrplanaushänge und Haltestelleninformationen (z. B. Lagepläne und Tarifaushänge) sollen landesweit einen einheitlichen Aufbau und eine einheitliche Darstellungsform aufweisen. An jeder SPNV-Station und jedem Verknüpfungspunkt im straßengebundenen Bus- und Saarbahn-Verkehr sollte mindestens ein Fahrplanaushang auf einer Höhe montiert werden, sodass dieser für Menschen im Rollstuhl und für kleinwüchsige Menschen lesbar ist.

Alle Fahrgastinformationen, einschließlich der Echtzeitinformationen zur Betriebslage, sollten sowohl in den Fahrzeugen als auch an den Stationen möglichst im Zwei-Sinne-Prinzip abrufbar sein. Dabei kann auch die Informationsbereitstellung, einschließlich der Echtzeitinformationen zur aktuellen Betriebslage, im Internet als Ergänzung nutzbar gemacht werden, sodass etwa akustische Informationen an Haltestellen ohne Lautsprecher über das eigene Smartphone abgerufen werden können.

Strategie für Fahrzeuge

Eine Reisekette im ÖPNV wird dann barrierefrei, wenn alle einzelnen Bestandteile die Anforderungen an eine barrierefreie Mobilität erfüllen. Somit gilt es, neben den Stationen und Haltestellen inklusive deren Zuwegungen auch die Fahrzeuge barrierefrei zu gestalten.

Barrierefreie Eisenbahnfahrzeuge

Um einen barrierefreien Ein- und Ausstieg in bzw. aus den Fahrzeugen zu ermöglichen, ist eine Abstimmung der Einstiegs- und Fußbodenhöhen der Fahrzeuge mit den Bahnsteighöhen erforderlich. Dabei sind für die Spezifikationen der Schienenfahrzeuge die Erfordernisse der festgelegten Bahnsteighöhen gemäß dem zwischen den Bundesländern und der der Deutschen Bahn vereinbarten Bahnsteighöhenkonzept zu beachten (s. Kap. 11.1).

Alle Schienenfahrzeuge im saarländischen ÖPNV sollen die Anforderungen der Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität bezüglich der Zugänglichkeit des Eisenbahnsystems der Europäischen Union für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität (TSI PRM) erfüllen.

Es wird angestrebt, für die regionalen Schienenverkehre im Saarland die Vorgaben der TSI PRM zu konkretisieren bzw. zu erweitern:

  • Alle Eisenbahnfahrzeuge im saarländischen ÖPNV (ausgenommen: Saarbahn) sollen mindestens über eine Universaltoilette verfügen.
  • Die nächste Haltestation ist über ein automatisiertes Ankündigungssystem rechtzeitig vor Einfahrt akustisch und visuell anzukündigen (Umsetzung des Zwei-Sinne-Prinzips).
  • Es sollen Synergien genutzt werden, um Daten aus Infotainmentsystemen der Fahrzeuge (etwa über WLAN zugängliche Informationsplattformen) auch für eine erweiterte barrierefreie Reisendenauskunft während der Fahrt nach dem Zwei-Sinne-Prinzip nutzbar zu machen (etwa die visuelle Darstellung von Störungsmeldungen, die akustisch durchgesagt werden).

Barrierefreie Straßenbahnfahrzeuge (Saarbahn)

Mit dem Saarbahn-System werden direkte Verbindungen aus dem Saarbrücker Umland ins Saarbrücker Stadtgebiet mit kleinteiliger Erschließung angeboten. Damit leistet das Angebot bereits einen großen Beitrag zum barrierearmen ÖPNV, da Umstiege zwischen der Stadt und Eisenbahn entfallen und komfortable Direktverbindungen bestehen.

Dennoch ist die Saarbahn im Bereich des Eisenbahnverkehrs im Hinblick auf ihre Anforderungen an den Bahnsteigausbau inkompatibel zu den Fahrzeugstandards für die S-Bahnen und Regionalbahnen sowie Regionalexpress-Zügen, sodass im Eisenbahn-Bereich der Halt der Saarbahn-Fahrzeuge möglichst an separaten Bahnsteigen bzw. Bahnsteigabschnitten erfolgen soll.

Im Hinblick auf die Fahrzeugausstattung sind die Fahrzeuge der Saarbahn auf eine Bahnsteighöhe von 38 cm auszulegen, da hiermit eine Kompatibilität zwischen dem Eisenbahnverkehr und einer städtebaulich verträglichen Führung im Straßenraum ermöglicht wird. In Bezug auf die barrierefreie Gestaltung des Fahrzeuginneren sind die Vorgaben der TSI PRM anzuwenden.

Barrierefreier Busverkehr

Im Busverkehr des saarländischen ÖPNV sollen ausschließlich Niederflur- bzw. Low-Entry-Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Auch für alternative Bedienungsformen wie TaxiBus und AnrufSammelTaxi ist eine Beförderung von Menschen mit Rollstuhl sicherzustellen. Weiterhin setzt sich das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr gemeinsam mit den Kommunen für eine zügige Umsetzung einer vollständigen Barrierefreiheit im Busverkehr ein und unterstützt den Haltestellenausbau. Dabei ist nach landesweit einheitlichen Standards vorzugehen und die Ausbaumaßnahmen in einer sinnvollen Reihenfolge zu priorisieren.

Strategie für Fahrgastinformation

Informationen sind ein wesentlicher Bestandteil von Fahrten mit dem ÖPNV. Damit alle Menschen die notwendigen und wünschenswerten Informationen erreichen, sollen alle für den Fahrgast relevanten Informationen vor und während der Reise nach dem Zwei-Sinne-Prinzip und in hinreichender Aktualität rechtzeitig bereitgestellt werden.

Für die Informationen vor der Reise bedeutet dies, dass insbesondere elektronische Auskunftssysteme per App und Internet die Anforderungen an ein barrierearmes bzw. barrierefreies IT-Design, z. B. die Vorgaben für Usability und Accessibility, erfüllen. Dabei ist anzustreben, Modifikationen an den zentralen Auskunftssystemen, insbesondere dem Saarfahrplan, vor Veröffentlichungen durch Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zu testen. Aber auch statische Fahrgastinformationen an Stationen sollen landesweit einem einheitlichen Layout folgen und mindestens ein Aushang pro Verkehrsstation im SPNV und Verknüpfungspunkten im Busverkehr auch auf einer niedrigen Höhe angebracht werden, damit dieser von Menschen im Rollstuhl und kleinwüchsigen Menschen gelesen werden kann.

Auch für Informationen während der Reise soll nach Möglichkeit das Zwei-Sinne-Prinzip durchgehend sichergestellt werden. Dies betrifft zum einen die Informationen im bzw. am Fahrzeug und an den Haltestellen bzw. Stationen. Zum anderen ist dies auch für Störungsinformationen anzustreben.

Durch eine Kommunikation zwischen Fahrzeugsystemen und mobilen Endgeräten von Reisenden können soll die Barrierefreiheit verbessert werden. So können gesuchte Verbindungen dann im Fahrzeug automatisch den Ausstiegshalt vormerken, ggf. die Anforderung einer Rollstuhlrampe vormelden und gleichzeitig aus den Daten der Fahrzeugsysteme u. a. über den tatsächlichen Standort, Türstörungen oder gestörte Einstiegshilfen informieren.

Grundsätzlich sind die vielfältigen Darstellungs-, Ausgabe- und Auskunftsmöglichkeiten der digitalen Medien und Technologien zur Erhöhung der Barrierefreiheit zu nutzen. Dabei sind die jeweils notwendigen Technologien jedoch zielgruppenspezifisch anzubieten und nicht als All-in-One-Lösung anzubieten, um die Nutzungskomplexität möglichst gering zu halten.

Maßnahmensteckbriefe

Maßnahmensteckbriefe Handlungsfeld Barrierefreiheit (PDF, 256KB, Datei ist nicht barrierefrei)