| Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz | ÖPNV

Potenziale für die Neugestaltung des Landesnetzes

Ein wesentliches Ziel des VEP ÖPNV ist die strategische Weiterentwicklung des SPNV- und Landesbus-Netzes. Im Bereich des SPNV liegt der Schwerpunkt auf der Prüfung von Strecken zur verkehrlich und volkswirtschaftlich sinnvollen Ergänzung des bestehenden SPNVNetzes (inklusive Saarbahn). Die dabei ermittelten volkswirtschaftlich sinnvollen Streckenergänzungen fließen in das Entwicklungskonzept für das künftige Landesnetz ein. Die diesbezüglichen Fragestellungen lauten:

  • Welche Verbindungen werden bereits heute im SPNV abgedeckt?
  • Wo lässt sich das SPNV-Netz sinnvoll erweitern?
  • Auf welchen landesbedeutsamen Verbindungen ergänzt das Landesbusliniennetz das SPNV-Netz und wie wird es weiterentwickelt?

Bewertungsmethodik

Die Prüfung, inwieweit Streckenreaktivierungen oder der Neubau von Streckenabschnitten verkehrlich und volkswirtschaftlich sinnvoll sind, erfolgt anhand eines zweistufigen Bewertungsverfahrens.
In einer ersten Grobprüfung werden alle ermittelten bestehenden sowie
ehemaligen Trassen im Saarland, die derzeit nicht im Personenverkehr bedient werden, anhand
standardisierter Kostensätze grob überprüft. Darüber hinaus werden auch Neubaustrecken
auf nachfragestarken Relationen untersucht, auf denen bisher keine Eisenbahninfrastruktur
existiert(e).

Die Trassen, die nach dieser Erstbewertung ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von über 1,0 bzw. rund um 1,0 erwarten lassen, werden einer vertieften Prüfung mit detaillierteren Analysen zum Streckenzustand sowie der Ausarbeitung möglicher Betriebskonzepte unterzogen, um das Nutzen-Kosten-Verhältnis einer Inbetriebnahme für den SPNV genauer zu ermitteln. Die Strecken, die in der Grobbewertung deutlich von einem positiven Nutzen-Kosten-Verhältnis entfernt sind und somit auch bei einer vertieften Betrachtung kein ausreichendes Verhältnis über 1,0 erwarten lassen, scheiden aufgrund dieser Grobbetrachtung aus der weiteren Analyse aus.

Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis über 1,0 bedeutet, dass der volkswirtschaftliche Nutzen die Investitionskosten rechtfertigt und Fördermittel vom Bund grundsätzlich in Anspruch genommen werden könnten, womit die Weiterverfolgung der Maßnahme gerechtfertigt ist. Das hier vereinfacht ermittelte Nutzen-Kosten-Verhältnis ist nicht gleichzusetzen mit dem Nutzen-Kosten-Verhältnis, das bei genauerer Streckenplanung im Rahmen der sog. „Standardisierten Bewertung“ noch ermittelt werden muss. Daher kann auf Basis dieser Erstbewertung noch keine gesicherte Aussage hinsichtlich einer Realisierung getroffen werden. Dies muss dann in einem nächsten Schritt bei allen in Frage kommenden Strecken genau analysiert und bewertet werden.

Wichtige in die Bewertung einfließende Daten und Informationen sind die Nachfrageströme und -potenziale, die die Strecke abdeckt, die Vor- und Nachteile gegenüber dem Bus in Bezug auf Fahrzeit, Komfort, Anschlüsse und damit die Konkurrenzfähigkeit zum Individualverkehr sowie die Frage, welche betrieblichen Konzepte realisiert werden können und welche
Kosten (Investitions- und Betriebskosten) welchen Erlösen gegenüberstehen.

Für die Bewertung des Landesnetzes wurde ein landesweites Verkehrsmodell für den VEP ÖPNV erstellt. Mit dem Verkehrsmodell wurden Wirkungsabschätzungen von Angebotsänderungen (Streckenreaktivierungen oder veränderte Busangebote) im Hinblick auf den Betriebsaufwand, die Nachfrage und die vom MIV verlagerbaren Fahrgäste durchgeführt. Das Verkehrsmodell und die Methodik der Nachfrageberechnung werden im Anhang näher erläutert (vgl. Anhang C).

Die Erstbewertung der Reaktivierung von Schienenstrecken im Saarland erfolgte anhand von vergleichbaren Kriterien wie der im nächsten Schritt durchgeführten vertieften Bewertung, allerdings auf Basis vereinfachter Annahmen. Die Bewertung erfolgt dabei anhand von nutzenseitigen Bewertungskriterien (Erreichbarkeit/Reisezeiten, Nachfragepotenzial/Erschließungswirkung) sowie kostenseitigen Kriterien (Infrastrukturaufwand, Betriebsaufwand), die sich am Verfahren der Standardisierten Bewertung orientieren und diese grob nachbilden. Die Methodik der Erstbewertung ist ebenfalls im Anhang näher erläutert (vgl. Anhang C3).

In der vertieften Bewertung werden Nachfragepotenziale mit dem Verkehrsmodell genauer abgeschätzt sowie Nutzen und Kosten detaillierter berechnet als in der Erstbewertung. Zudem wird als Grundlage das Betriebskonzept detaillierter ausgearbeitet.

Nach der Methodik der Standardisierten Bewertung für ÖPNV-Investitionen wird der volkswirtschaftliche Nutzen monetär bewertet. Hierbei werden folgende Nutzenkomponenten berücksichtigt:

  • Eingesparte Betriebskosten im MIV
  • Eingesparte Unfallkosten im MIV
  • Eingesparte CO2-Emissionen bei MIV und Bus
  • Eingesparte Schadstoffemissionen bei MIV und Bus
  • Reisezeiteinsparungen bisheriger Fahrgäste
  • Nutzen durch zusätzliche Mobilitätsmöglichkeiten
  • Veränderungen der ÖPNV-Betriebskosten
  • Unterhaltskosten der ÖPNV-Infrastruktur

Die Betriebskosten setzen sich dabei zusammen aus:

  • Personalkosten
  • Energiekosten
  • Fahrzeugkosten (Fixkosten und km-abhängige Kosten)
  • Unterhaltskosten der Infrastruktur
    Trassen- und Stationsgebühren werden separat ausgewiesen

Die Investitionskosten für die untersuchten Infrastrukturmaßnahmen berücksichtigen:

  • Ertüchtigung/Neubau der Trasse, Gleise, Weichen, Brücken, Bahnübergängen
  • Barrierefreiheit von Bahnhöfen/Haltepunkten
  • Sicherung von Bahnübergängen, Signaltechnik
  • Elektrifizierung
  • Planungskosten

Im Rahmen des VEP ÖPNV kann keine detaillierte Kostenermittlung vorgenommen werden. Daher beruhen alle angegebenen Kosten auf einer Grobkostenschätzung basierend auf einem Mengengerüst (Streckenlänge in Kilometern und Anzahl der Bahnübergänge/Haltepunkte) und entsprechenden Einheitskostensätzen. Zudem werden – wo vorliegend – weitere Kostenangaben z. B. über die Instandsetzungskosten von Brücken einbezogen.

Die Kostensätze sind im Anhang dargestellt.

Der Nutzen wird den Kapitalkosten der Infrastrukturinvestitionen gegenübergestellt und damit wird ein Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) ermittelt. Die sowohl in der Grob- als auch in der vertiefenden Analyse ermittelten Strecken mit einem positiven Nutzen-Kosten-Verhältnis über 1,0 fließen in die Szenarien für das zukünftige Landesnetz Saarland ein.

Das Bewertungsverfahren ist ebenfalls im Anhang ausführlich dargestellt (vgl. Anhang C1 f.).

Grundsätzlich ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die hier vorgenommenen Nutzen-Kosten-Abschätzungen ausschließlich auf den Personenverkehr beziehen. Dies entspricht auch den Vorgaben der Standardisierten Bewertung für ÖPNV-Investitionen, die für eine mögliche Förderung entscheidend sind. Mögliche Einflüsse von Potenzialen im Güterverkehr auf Investitionen, Betriebskonzepte und/oder Betriebskosten wurden damit nicht berücksichtigt. Diese sollen natürlich nicht gänzlich außen vor gelassen werden, sondern diese Einflüsse und Rückkopplungen werden dann bei der Weiterverfolgung der Projekte im Rahmen der dann ohnehin erforderlichen detaillierten Planungen und Analysen betrachtet und berücksichtigt.

Landesbusnetz

Dort, wo eine Reaktivierung aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist oder wo keine Eisenbahnstrecken auf landesbedeutsamen Verbindungen im Zentrale-Orte-System zur Verfügung stehen bzw. nicht wirtschaftlich erstellt werden können, ergänzt das Landesbusliniennetz den SPNV. Dabei erfolgt die Anpassung des Netzes auf Basis der neuen Planungsgrundsätze auf den landesbedeutsamen Verkehrsbeziehungen (s. hier).