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Europaministerkonferenz fordert: EU muss ihre Abhängigkeit von sensiblen strategischen Gütern und Technologien überwinden

Am Mittwoch (24.02.2021) tagte die Europaministerkonferenz der Länder zum zweiten Mal unter dem Vorsitz von Europaminister Peter Strobel. Aufgrund der aktuellen Lage fand die Konferenz im Videoformat statt.

Zentrale Themen der Befassung der Ministerinnen und Minister waren der deutsche Aufbau- und Resilienzplan sowie die strategische europäische Souveränität. Unter diesem Aspekt wird die Debatte um die Handlungsfähigkeit Europas in einem globalen, geopolitischen Kontext geführt. Die hier besonders relevanten Bezüge zur Pharmabranche beleuchtete Prof. Dr. Rolf Müller, Managing Director des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS). Zudem standen die Konferenz zur Zukunft Europas und aktuelle Fragen zu Grenzkontrollen als Mittel der Pandemiebekämpfung auf der Agenda.

Der Vorsitzende der Europaministerkonferenz, Peter Strobel: „Die EU profitiert enorm von der globalisierten Wirtschaft. Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie verdeutlicht, wie abhängig Europa von sensiblen strategischen Gütern und Technologien ist. Die EU muss hier widerstandsfähiger werden und sich robuster für ihre Interessen einsetzen. Gerade die Pharmabranche und die Produktion potenziell lebenswichtiger Güter spielen hier eine Schlüsselrolle.“

Die niedersächsische Europaministerin Birgit Honé als Koordinatorin der A-Länder äußerte sich wie folgt: „Europäische Souveränität heißt die Fähigkeit, selbstbestimmt europäische Werte und Interessen zu verteidigen. Wenn die EU ernst genommen werden möchte, muss sie ihre Werte sowohl nach außen als auch nach innen vertreten und verteidigen. Der Förderung verantwortungsvollen Unternehmertums und der Transparenz in den Lieferketten sollte besondere Aufmerksamkeit zukommen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für den EU-Binnenmarkt zu schaffen. Sowohl im Sinne der europäischen Werte als auch im Sinne der Pandemiebekämpfung ist es besonders wichtig, für eine gerechte Verteilung von Gemeingütern zu sorgen, insbesondere der COVID-19-Impfstoffe.“

Die hessische Staatsministerin Lucia Puttrich als Koordinatorin der B-Länder stellte fest: „Europa steht vor großen Herausforderungen. Nicht nur durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, sondern wir befinden uns auch im globalen Wettbewerb um Innovation, Technologie und Rohstoffe. Nur über die internationale Kooperation können wir dazu beitragen, Menschenrechte besser zu schützen, Umweltstandards durchzusetzen und unsere Vorstellungen von Datenschutz und Datensouveränität weltweit durchzusetzen. Der Beschluss der EMK ist deshalb auch ein Aufruf für ein einheitliches europäisches Vorgehen bei den Regeln für Lieferketten und für eine Reform der WTO.“

Die Europaministerinnen und -minister der Länder haben in ihrem Beschluss festgehalten, dass bei diesem Themenkomplex alle Politikfelder von entscheidender Bedeutung sind, man aber insbesondere bei der Überarbeitung der EU-Industriestrategie aus den Erfahrungen der Pandemie Lehren ziehen müsse. Außerdem geht der Beschluss auf die sogenannte Strategische Vorausschau ein, einen Prozess, mit dem die EU auch mit kennzahlenbasierten Werkzeugen Zukunftsszenarien und -pläne entwickeln will.

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der europäischen Corona-Hilfen in Höhe von 750 Mrd. € über die Europäische Aufbau- und Resilienzfazilität fordern die Europaministerinnen und -minister eine bessere Einbindung der Länder. Die entsprechenden Texte auf EU-Ebene sehen eine Beteiligung der regionalen Ebene vor, der laut einer ersten Studie des Ausschusses der Regionen bisher von keinem Mitgliedstaat in zufriedenstellender Weise nachgekommen wurde. Finanz- und Europaminister Peter Strobel wies darauf hin, dass er bereits mit seinen Kolleginnen und Kollegen der Finanzministerkonferenz eine angemessene Beteiligung der Länder bei der Aufstellung des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans (DARP) gefordert hat und stellte klar: „Ohne Einbeziehung der Länder droht ein Förderchaos mit EU-Mitteln. Die Bundesregierung muss endlich in einen transparenten und wirksamen Konsultationsprozess mit den Ländern einsteigen.“

In diesem Zusammenhang betonte die B-Länderkoordinatorin Ministerin Lucia Puttrich: „Eine starke Position im globalen Wettbewerb können wir als Europäer aber nur dann erreichen, wenn wir unsere Hausaufgaben machen und die europäischen Mittel ‚Next Generation EU‘ gezielt zur Stärkung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit einsetzen.“

Ministerin Birgit Honé stellte für die A-Seite fest: „Gerade die Bundesländer verfügen über große Erfahrung in der regionalen Umsetzung europäischer Fonds und Programme. Diese Expertise muss beim DARP genutzt werden. Eine Verzögerung bei der Aufstellung der Programme durch mögliche Änderungen des DARP ist zu vermeiden.“ 

Die Mitglieder der Europaministerkonferenz befassten sich in einer Aussprache auch mit den aktuellen Entwicklungen zur Konferenz zur Zukunft Europas. Die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2019 angekündigte Konferenz sollte ursprünglich 2020 starten. Bedingt unter anderem durch die Corona-Pandemie wurde der Startschuss nun auf 2021 verlegt. Europaminister Peter Strobel erläuterte die Zielsetzung: „Die Zukunft der EU ist keine Frage, die nur in Brüssel beraten werden darf. Daher ist es wichtig, dass neben politischen Vertretern aus den EU-Institutionen auch die nationalen Regierungen und Parlamente sowie die Zivilgesellschaft eingebunden werden. Alle sollen die Möglichkeit erhalten, gemeinsam die aktuellen Zukunftsfragen der EU zu diskutieren – wenn auch vorerst nur digital.“

Abschließend gab es einen Austausch zum Thema Binnengrenzen in der Pandemiebekämpfung. Die verschiedenen Grenzländer gingen auf die pandemiebedingt unterschiedliche Lage in ihren Grenzregionen ein. Europaminister Peter Strobel stellte das „Memorandum of Understanding“ über die Testung von Beschäftigten in saarländischen Betrieben zwischen der Regierung des Saarlandes, der IHK und der Vereinigung der saarländischen Unternehmerverbände vor. So sollen durch entsprechende Testkapazitäten die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der verflochtenen Lebenswirklichkeiten in der saarländischen Grenzregion geschaffen werden.

„Die Pandemiebekämpfung entlang der Binnengrenzen der EU erfordert einen regelmäßigen Austausch über Modelle und Konzepte, mit denen individuell auf die jeweilige epidemiologische Lage reagiert wird. Europas Bevölkerung kommt zu 40 % aus Grenzregionen. Eine Pandemiebekämpfung in Europa bedeutet auch, dass deren wirtschaftliche und soziale Lebensverhältnisse angemessen Berücksichtigung finden“, erklärte Europaminister Peter Strobel.

Die niedersächsische Europaministerin Birgit Honé als Koordinatorin der A-Länder sagte zu den Grenzkontrollen: „Ich erwarte, dass aus dem Chaos an den Binnengrenzen im Frühjahr vergangenen Jahres gelernt wird. Es ist richtig: Die Pandemie macht nicht an Grenzen halt. Aber es braucht transparente, mit unseren Nachbarn und den EU-Institutionen abgestimmte Regelungen, um einen erneuten Regel-Flickenteppich zu vermeiden. Im Übrigen dürfen Grenzschließungen und Grenzkontrollen nur das letzte Mittel sein und müssen zeitlich beschränkt werden“.

Hierzu erklärte die B-Länderkoordinatorin, Ministerin Lucia Puttrich: „Die Freizügigkeit ist eine der zentralen Errungenschaften des europäischen Integrationsprozesses. Temporäre Einreisebeschränkungen innerhalb der EU dürfen deshalb nur Ultima Ratio sein, um ein akutes Infektionsgeschehen einzudämmen. Das bedeutet, dass solche Maßnahmen zeitlich begrenzt und mit unseren europäischen Partnern abgestimmt sein müssen.“

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