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Saarländisches Justizministerium unterstützt Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit

Justizstaatssekretär Roland Theis: „Wiederaufnahmen erleichtern – für schwere Straftäter darf es keine Rechtssicherheit geben! Deshalb wird das saarländische Justizministerium das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit kommende Woche im Rechtsausschuss des Bundesrates unterstützen.“

In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung – Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungunsten des Verurteilten gemäß § 362 StPO und zur Änderung der zivilrechtlichen Verjährung (Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit) beschlossen. 

Bislang gewährt das Recht einem Straftäter, der einmal rechtskräftig freigesprochen ist, weil die Beweise nicht ausreichten, seine Schuld nachzuweisen, nahezu absolute Sicherheit. Mit Ausnahme eines glaubhaften gerichtlichen oder außergerichtlichen Geständnisses des Täters selbst reichen neue Beweismittel grundsätzlich nicht aus, ein Strafverfahren gegen einen Freigesprochenen wiederaufzunehmen. Dies führt insbesondere in Fällen schwerster Straftaten zu schlechterdings unerträglichen Ergebnissen.

„Täter schwerster Straftaten dürfen sich, auch wenn sie aus Mangel an Beweisen einmal freigesprochen sein sollten, nicht auf Dauer sicher fühlen. Die Entwicklungen der Ermittlungen der neu gegründeten Cold-Case-Einheit der Generalstaatsanwaltschaft, die mittlerweile in mindestens vier Fällen lange zurückliegender schwerer Straftaten oftmals aufgrund neuer wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden ehemals erfolglose Ermittlungen wieder aufrollt, zeigen, dass man Täter womöglich auch nach langer Zeit noch überführen kann. Wenn dies gelingt, darf sich auch ein bereits freigesprochener Täter nicht in Sicherheit wiegen. In solchen Fällen gebührt im Rechtsstaat der Gerechtigkeit für die Opfer Vorrang gegenüber der Rechtssicherheit für die Täter“, so Justizstaatssekretär Roland Theis.

Hier soll das Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit, das in der kommenden Woche im Rechtsausschuss des Bundesrates behandelt werden wird, Abhilfe schaffen. Das Gesetz will die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens zuungunsten eines freigesprochenen Angeklagten bei schwersten Straftaten auch dann zu lassen, wenn erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens – etwa aufgrund neuer wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden – neue, belastende Beweismittel aufgefunden werden, aus denen sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines zuvor Freigesprochenen ergibt.

„Der Rechtsstaat ist auf das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und Rückhalt in breiten Teilen der Bevölkerung angewiesen. Deshalb hat das Recht in seiner Funktionsvielfalt immer auch die Wahrung und Herstellung materieller Gerechtigkeit im Blick zu halten. Dies gilt zuvorderst dann, wenn es darum geht, Straftäter ihrer gerechten Strafe zuzuführen und den Opfern ihrer Taten Gerechtigkeit zukommen zu lassen.“

Staatssekretär Roland Theis

Hintergrund

1. Zum Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung – Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungunsten des Verurteilten gemäß § 362 StPO und zur Änderung der zivilrechtlichen Verjährung (Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit)

Das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung – Erweiterung der Wiederaufnahmemöglichkeiten zuungunsten des Verurteilten gemäß § 362 StPO und zur Änderung der zivilrechtlichen Verjährung (Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit) strebt mit der Erweiterung der Möglichkeiten zur Wiederaufnahme von Strafverfahren zuungunsten rechtskräftig freigesprochener Personen einen weitergehenden Ausgleich der im verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsstaatsprinzip verankerten, widerstreitenden Belange der materiellen Gerechtigkeit auf der einen sowie der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens auf der anderen Seite an.

2. Zur Cold-Case-Einheit der Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken

Im Jahr 2020 hat die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken eine sog. Cold-Case-Einheit eingerichtet und zum Zwecke der systematischen Aufklärung bislang ungeklärter Mordfälle und anderer schwerster Straftaten gemeinsam mit dem Landespolizeipräsidium eine Konzeption zur Bearbeitung von Cold Cases im Saarland entwickelt. Seit Aufnahme der Tätigkeit dieser Einheit erfolgt zwischenzeitlich in einer Reihe von Fällen die Digitalisierung von Ermittlungs- und Spurenakten. In vier Fällen haben sich bislang konkrete Ermittlungsansätze ergeben, die derzeit verfolgt werden.

Medienansprechpartner

Dr. Stefan Weiland
Leiter des Ministerbüros

Franz-Josef-Röder-Straße 17
66119 Saarbrücken

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