Campus Göttelborn
Im Mai 1887 begannen die Arbeiten an der am 01.08.1886 von der Königlich-Preußischen Regierung genehmigten Grube. Am 01.09.2000 wurde nach 113 Jahren die letzte Schicht auf der Grube Göttelborn gefahren. Damit endete die jahrhundertelange bergbauliche Ära im Saarkohlenwald, dem traditionsreichsten der drei saarländischen Bergbaureviere.
1988 hatte die Saarbergwerke AG ihr so genanntes „Drei-Standorte-Konzept“ beschlossen. Dieses sah die Schaffung dreier leistungsstarker Großbergwerke vor: das Bergwerk Ensdorf sowie die Verbundbergwerke Warndt/Luisenthal und Göttelborn/Reden. Das neue Verbundbergwerk Ost konzentrierte das Betriebsgeschehen der damals noch selbständigen Gruben Göttelborn und Reden auf den Förderstandort Göttelborn. Entsprechend erfolgten nochmals große Investitionen, die die Gestalt und das Aussehen des Standortes bis heute prägen.
Das Areal der Grube Göttelborn wird überragt vom Fördergerüst Göttelborn IV. Die hochmoderne, avantgardistisch anmutende Konstruktion wurde im Oktober 1994 fertiggestellt. Sie ist mit knapp 90 m Höhe weltweit die höchste ihrer Bauart. Die Arbeiten begannen am 15.01.1990. Am 15.12.1992 war der tiefste Punkt des Schachtes (1.160 m) erreicht. Er hat einen Durchmesser von neun Metern. Abzüglich der Betonschachtwand verfügte die Schachtröhre über einen nutzbaren Querschnitt von 8,30 m. Am 21.10.1994 konnte die Fertigstellung des Fördergerüstes gefeiert werden, das als „Weißer Riese“ schnell zum Wahrzeichen der Region avancierte. Die enorme Höhe des Gerüsts war erforderlich, um das ca. 27 m hohe Fördergefäß komplett über die Erdoberfläche bis hin zur Entladebühne heben zu können. Die vier quadratischen Stützen des Gerüsts haben einen Umfang von 9,60 m. Die auf der 74,30 m-Bühne montierten Seilscheiben haben jeweils einen Durchmesser von 7,50 m. 1995 erfolgte die Realisierung der östlichen Fördereinrichtung. Das elektrische Förderaggregat war 7,5 Megawatt (10.000 PS) stark und erlaubte Nutzlasten von bis zu 34 Tonnen. Entsprechend ergaben sich Förderleistungen von rund 1.000 Tonnen pro Stunde. Die Stahlseile, an denen die Förderkörbe hingen, hatten einen Durchmesser von 68 mm. Die maximale Förderkapazität sah nach Fertigstellung der zweiten Fördereinrichtung 28.000 Tonnen pro Tag vor, wobei die zweite Förderanlage schon nicht mehr aufgestellt wurde. Im November 1997 wurde der Plan, das Verbundbergwerk Göttelborn/Reden zu einer der leistungsfähigsten Förderanlagen Europas zu machen, aufgegeben. Am 01.09.2000 wurde auf dem hochmodernen Grubenstandort Göttelborn die letzte Schicht gefahren. War die Fertigstellung des Fördergerüsts Göttelborn IV im Jahr 1994 noch als „Investition für die Zukunft“ bezeichnet worden, so war Göttelborn nun zum Ort des Verlusts Hunderter Arbeitsplätze und großer Zukunftsträume geworden.
Mittlerweile hat der Strukturwandel auf dem rund 120 ha großen Areal große Fortschritte gemacht. Im Eingangsbereich des heutigen „Campus Göttelborn“, also in Anlehnung an die Ortslage Göttelborn, haben sich rund um die Ansiedlung der Firma Nanogate weitere Entwicklungen ergeben, die in ein städtebaulich attraktives Gesamtbild eingebunden sind. Besondere Bedeutung besitzen in diesem Zusammenhang die Fachhochschule für Verwaltung, die Cafécantine Flöz (frühere Kaffeeküche des Bergwerks) und die „Werkstatt der Industriekultur“, die von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (Fachbereich Architektur) genutzt wird. Der Bereich der Ansiedlung der Firma HYDAC im Südosten des Bergwerksgeländes hat mittlerweile eine leistungsfähige Zuwegung erhalten.
Der Südteil des Standortes wird zunehmend von der Öffentlichkeit zur Naherholung und auch von Touristen frequentiert. Maßgeblich hierzu beigetragen hat die 2016 abgeschlossene Rekultivierung der ca. 80 ha umfassenden Göttelborner Haldenlandschaft. Das in 420 m Höhe über NN gelegene Haldenplateau bietet einen grandiosen Panoramablick. Auch die Aussichtsrampe „Himmelspfeil“ und der zwischenzeitlich mit einem Rundweg versehene „Kohlbachtalweiher“, der eine hohe Biotopqualität besitzt, tragen zur Attraktivität dieses Bereichs bei. Auf dem Weiher II ist zudem eine der größten Photovoltaikanlagen Deutschlands entstanden.
Schwieriger gestaltet sich die Entwicklung im Bereich der Fördergerüste der Schächte II, III und IV („Weißer Riese“). Sie befinden sich wie die sie umgebenden Schachthallen und der Komplex der Aufbereitungsanlage (Kohlenwäsche) noch in dem Zustand wie zur Zeit der Stilllegung des Bergwerkes im Jahr 2000.
Delf Slotta
Referatsleiter G2 - Grundsatzangelegenheiten Industriekultur
Trierer Straße 33
66111 Saarbrücken