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Pressemitteilung Walter H. 2

Landgericht Saarbrücken ordnet vorläufige Unterbringung von Walter H. an

Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken hat in dem Therapieunterbringungsverfahren betreffend Herrn Walter H. die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung zur Therapieunterbringung bis zum 01.12.2011 angeordnet.

Die Kammer hat entschieden, dass das Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) unmittelbar auf den Betroffenen anzuwenden ist. Das Gesetz erfasst danach nicht nur die Fälle, in denen sich die verurteilte Person in Sicherungsverwahrung befindet oder befunden hat, sondern auch die Fälle, in denen die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gerichtlich angeordnet worden ist, wegen des Rückwirkungsverbotes aber nicht vollzogen werden kann. Es liegen darüber hinaus dringende Gründe vor, dass der Betroffene an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit, seines Vorlebens und seiner Lebensverhältnisse ergibt, dass er infolge dieser psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Die Kammer begründet dies insbesondere mit den Erkenntnissen aus den bereits vorliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten in den früheren Verfahren über die Sicherungsverwahrung. Die Unterbringung des Betroffenen ist erforderlich, da weder die angeordnete Führungsaufsicht noch die ständige Observierung sicheren Schutz der Allgemeinheit gegenüber der Gefahr weiterer Straftaten bietet. Es besteht schließlich ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden im Rahmen des Eilrechtsschutzes, da sich bei einer Folgenabwägung ein deutliches Übergewicht zugunsten des Opferschutzes ergibt. Aufgrund der einstweiligen Anordnung kann der Betroffene mit sofortiger Wirkung untergebracht werden. Für die vorläufige Unterbringung steht mit der Saarländischen Klinik für Forensische Psychiatrie (SKFP) eine geeignete Einrichtung im Sinne des Therapieunterbringungsgesetzes zur Verfügung. Gegen die Entscheidung steht dem Betroffenen innerhalb einer 2-Wochen-Frist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Saarländischen Oberlandesgericht zu.

Beschluss vom 02.09.2011 – 5 O 59/11

Saarbrücken, den 02.09.2011

– Anhang –

Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz - ThUG)

§ 1 Therapieunterbringung

(1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn

1. sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und

2. die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.

(2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde.

§ 2 Geeignete geschlossene Einrichtungen

Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die

1. wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können,

2. unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und

3. räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind.

§ 14 Einstweilige Anordnung

(1) Das Gericht kann im Hauptsacheverfahren durch einstweilige Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine vorläufige Unterbringung anordnen, wenn

1. Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, und

2. der Betroffene persönlich und ein ihm beigeordneter Rechtsanwalt angehört worden sind.

Eine Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe ist zulässig.

(2) Abweichend von § 10 Absatz 1 kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung bereits vor Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung ergehen. Das Gericht kann anordnen, dass der Beschluss mit Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung wirksam wird.

(3) Die Dauer der vorläufigen Unterbringung auf Grund einer einstweiligen Anordnung kann um jeweils weitere drei Monate bis zu einer Gesamtdauer von einem Jahr nach Anhörung der Sachverständigen nur verlängert werden, wenn eine besondere Schwierigkeit in der Begutachtung oder ein anderer wichtiger Grund die Entscheidung im Hauptsacheverfahren erheblich verzögert.

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