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Tag der Archive 2024 - Saarländisches Landesarchiv

Berlin im Kopf, Paris im Topf

Die französische Küche war schon lange vor den Franzosen im Saarland. Als die „Erbfeindschaft“ zwischen Deutschland und Frankreich 1870 vor den Toren Saarbrückens auf einen kriegerischen Höhepunkt zusteuerte, gab es deshalb keinen Zweifel daran, auf welcher Seite man den guten Geschmack beheimatet sah. Sogar in der nationalen Euphorie nach 1871 wollte man an der nun preußisch-deutschen Saar nicht auf Chateaubriand und Champagner verzichten. Kulturell und kulinarisch war Frankreich einfach unschlagbar.

Es dauerte einige Generationen, um den saarländischen Widerspruch von deutschem Kopf und französischem Bauch aufzulösen. Der Wandel kam auf dem Weg der konfliktreichen Annäherung, und er wurde von der internationalen Politik bestimmt. Die sorgte 1919 und 1945 dafür, dass das Saarland für einige Jahre „französisch“ wurde. Die Saar jedoch wollte beide Male unbedingt wieder deutsch werden. Als das Bundesland 1957 geboren wurde, war es durch die unmittelbaren Begegnungen aber viel französischer geworden, als es die Ergebnisse der Volksabstimmungen von 1935 und 1955 vermuten ließen. Mit dem offiziellen Segen der Politik konnte nun aus der Synthese von Kopf und Topf eine saarländische Herzensangelegenheit werden.

Geschichten vom Essen und Trinken im Saarland kann man nach dieser Vorgeschichte tatsächlich als deutsch-französische Beziehungsgeschichte lesen. Zwischen der Erbfeindschaft von einst und der Erzfreundschaft von heute stehen viele Dinge, die wie die Liebe durch den Magen gehen: der Flammkuchen im lothringischen Gasthaus Woll, die Haute Cuisine der Sterneküche auf der deutschen Seite der Grenze, nicht zuletzt der heilige Saarringel aus Fleisch, der als Lyoner natürlich einen französischen Namen trägt.

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Das Hotel und Restaurant Gebrüder Kohl in der Dudweilerstraße von St. Johann

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