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Tag der Archive 2024 - Saarländisches Landesarchiv

Not und Naturalwirtschaft

Bis tief ins 19. Jahrhundert hinein lebte der größte Teil der saarländischen Bevölkerung mit und von der Landwirtschaft. Die Möglichkeiten und Methoden von Ackerbau und Viehzucht hatten sich in tausend Jahren nur geringfügig verbessert, die Erträge des Bodens blieben bescheiden. Viele saarländische Böden waren nur von mäßiger Qualität, zudem führte die hier übliche Realteilung zu einer fortschreitenden Besitzzersplitterung. Belastet waren alle Bauerngüter auch mit Fronen und Abgaben an die Feudalherren, die Agrarverfassung war gleichzeitig Herrschaftssystem.

Die Ernährungslage war unter diesen Umständen stets prekär, das täglich Brot niemals sicher. Das galt vor allem in den regelmäßig wiederkehrenden Jahren mit Unwettern und Naturkatastrophen, mit Missernten und Teuerungen, mit Seuchen und Kriegszügen. Von Kriegen wurde das Saarland häufig heimgesucht; sie sorgten auch nach den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierungen des 19. Jahrhunderts weiterhin für Unterernährung und hungerbedingte Sterblichkeit. Die Industrialisierung brachte dem Land einerseits einen enormen Aufschwung und reduzierte die einseitige Abhängigkeit von der Landwirtschaft. Sie benötigte aber auch immense Arbeitskraft und folglich kalorienreiche Ernährung. Viele Berg- und Hüttenleute wurden auch deshalb „Arbeiterbauern“.

Die katastrophalen Kriege des 20. Jahrhunderts sorgten noch einmal für Hungerzeiten wie in der Vormoderne. Der Steckrübenwinter von 1917 oder die Hungerjahre 1946/47 haben sich in der kollektiven Erinnerung des Landes tief eingegraben. Zwangsbewirtschaftung oder Rationierungen sind ebenso im Gedächtnis geblieben wie Schwarzwirtschaft und Hamsterfahrten. Dass Schmalhans als Küchenmeister abgelöst werden konnte, hatte man aber nicht zuletzt auch der Solidarität und Hilfsbereitschaft zu verdanken, die aus vormaligen „Feindstaaten“ kamen.

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