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Unterbringung

Eine vorläufige Unterbringung durch einstweilige Anordnung nach § 331 FamFG ist möglich, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen einer Unterbringung gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

Unterbringung bedeutet Freiheitsentziehung in einer geschlossenen Einrichtung und damit verbundene Aufenthaltsbestimmung gegen den Willen des Betroffenen.

Ist Betreuung angeordnet bzw. Vorsorgevollmacht erteilt, ist eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer/Vorsorgebevollmächtigten nach
§ 1906 Abs. 1 BGB (sog. zivilrechtliche Unterbringung) nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil

  1. aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt oder
  2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

Die Heilbehandlung nach Ziffer 2 hat im Rahmen der einstweiligen Anordnung kaum praktische Relevanz.

Der Betreuer benötigt für die Berechtigung zur Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen zumindest den Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung.

Im Falle der Vorsorgevollmacht muss im Hinblick auf die Berechtigung des Vorsorgebevollmächtigten die Vollmacht schriftlich erteilt sein und die in § 1906 Abs. 1 BGB genannten Maßnahmen ausdrücklich umfassen.

Ist eine Betreuung (noch) nicht angeordnet bzw. wirkt das Verhalten des Betroffenen ausschließlich fremdgefährdend, kommt eine Unterbringung nach den Vorschriften des Saarländischen Unterbringungsgesetzes (sog. öffentlich-rechtliche Unterbringung) in Betracht.

Eine psychisch kranke Person darf danach gegen oder ohne ihren Willen in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer psychiatrischen Krankenhausabteilung stationär nur untergebracht werden, wenn und solange die betroffene Person durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten ihr Leben, ihre Gesundheit, bedeutende eigene oder bedeutende Rechtsgüter Dritter in erheblichem Maße gefährdet und diese Gefahr nicht anders als durch stationäre Aufnahme in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer psychiatrischen Krankenhausabteilung abgewendet werden kann (§ 4 Abs. 1 Saarl. UBG).

Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung vorliegen und kann eine gerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig ergehen, um einen unmittelbar drohenden Schaden zu verhindern, so kann die zuständige Verwaltungsbehörde die einstweilige Unterbringung anordnen.

Die zuständige Verwaltungsbehörde hat das zuständige Gericht unverzüglich zu verständigen und spätestens bis zum Ablauf des auf die Einweisung folgenden Tages auf eine Entscheidung über die Unterbringung hinzuwirken (§ 6 Abs. 1 Saarl. UBG).

In unaufschiebbaren Fällen kann die Polizei den Betroffenen ohne Anordnung der zuständigen Verwaltungsbehörde in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer psychiatrischen Krankenhausabteilung unterbringen. Sie hat das zuständige Gericht, die zuständige Verwaltungsbehörde sowie die nächsten Angehörigen bzw. den Betreuer/Vorsorgebevollmächtigten unverzüglich von der Unterbringung zu verständigen und ebenso spätestens bis zum Ablauf des auf die Einweisung folgenden Tages auf eine Entscheidung über die Unterbringung hinzuwirken (§ 6 Abs. 2 Saarl. UBG).

Zuständige Verwaltungsbehörden sind die Landkreise, der Regionalverband Saarbrücken, die Landeshauptstadt Saarbrücken und die kreisfreien Städte (§ 8 Abs. 1 Saarl. UBG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht kann das Gericht nach § 331 FamFG durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme anordnen oder genehmigen, wenn

  • ein Antrag des Betreuers/Vorsorgebevollmächtigten bzw. der zuständigen Verwaltungsbehörde (hier schriftlicher Antrag erforderlich) gestellt ist,
  • ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegt,
  • ein Verfahrenspfleger bestellt ist, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist oder von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll, und der Verfahrenspfleger angehört worden ist,
  • der Betroffene persönlich angehört worden ist.

Dem ärztlichen Zeugnis, das die Auswirkungen der Erkrankung darstellen und die Diagnose nachvollziehbar darlegen soll, muss eine zeitnahe Untersuchung durch den ausstellenden Arzt vorausgegangen sein. Aus dem Zeugnis muss hervorgehen, woran der Betroffene leidet, wie sich die Krankheit bemerkbar macht, welche unmittelbar bevorstehende, konkrete und erhebliche Gefahr für den Betroffenen besteht, die eine Unterbringung  im Rahmen einer einstweiligen Anordnung erforderlich macht bzw. inwiefern ein Aufschub der Behandlung die akute Gefahr des Todes  bzw. eines erheblichen gesundheitlichen Schadens des Betroffenen nach sich zieht. Schließlich muss es eine Aussage darüber enthalten, ob der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann.

Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht gemäß § 332 FamFG eine einstweilige Anordnung nach § 331 FamFG bereits vor Anhörung des Betroffenen sowie vor Anhörung und Bestellung des Verfahrenspflegers erlassen. Diese Verfahrenshandlungen sind unverzüglich nachzuholen.

Die einstweilige Anordnung darf gemäß § 333 FamFG die Dauer von 6 Wochen nicht überschreiten. Reicht dieser Zeitraum nicht aus, kann sie nach Anhörung eines Sachverständigen durch eine weitere einstweilige Anordnung verlängert werden. Die mehrfache Verlängerung der vorläufigen Unterbringung darf die Gesamtdauer von 3 Monaten nicht überschreiten.

Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen im Rahmen der zivilrechtlichen Unterbringung ist nach § 313 Abs. 1 FamFG in dieser Rangfolge:

  1. das Gericht, bei dem ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers eingeleitet oder das Betreuungsverfahren anhängig ist;
  2. das Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
  3. das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt;
  4. das Amtsgericht Schöneberg in Berlin, wenn der Betroffene Deutscher ist.

Für einstweilige Anordnungen oder einstweilige Maßregeln ist insoweit auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme bekannt wird (§ 313 Abs. 2 FamFG).

Ausschließlich zuständig für Unterbringungssachen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung ist nach § 313 Abs. 3 FamFG das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Unterbringungsmaßnahme hervortritt. Befindet sich der Betroffene bereits in einer Einrichtung zur freiheitsentziehenden Unterbringung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

Ärztliches Attest zur Vorlage beim Betreuungsgericht