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Sitzung des Bundesrates

Umfangreiche Debatte zum Klimaschutz – Länder beschließen Urheberrechtsnovelle und Verbesserungen bei Hate Speech – Änderung des Infektionsschutzgesetzes –Debatte zur Ganztagsbetreuung -  Verbot von Kükentöten

Die heutige Plenarsitzung des Bundesrates stand im Zeichen des Klima-schutzes. So nahmen die Länder zu den Plänen der Bundesregierung zur Novelle des Klimaschutzgesetzes umfangreich Stellung.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber mit Beschluss vom 24. März 2021 verpflichtet hat, die Fortschreibung der Minderungs-Ziele für den Zeitraum ab dem Jahr 2031 zu regeln, sieht der Entwurf unter anderem vor, dass Deutschland bis zum Jahr 2030 mindestens 65 Prozent weniger Treibhausgase ausstößt als im Jahr 1990. Bisher waren nur 55 Prozent vorgegeben. Bis 2040 sollen die CO2-Emissionen um 88 Prozent fallen. Im Jahr 2045 und damit fünf Jahre früher als in der geltenden Gesetzesfassung soll Deutschland klimaneutral sein.

Mit der geplanten Novelle sollen auch die Klimaziele der EU umgesetzt werden. Diese sind zwar noch nicht formal beschlossen, aber bereits ausgehandelt. Die Regelungen in der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes bauten noch auf den alten, niedrigeren Zielen der EU auf. Begleitend zur Novelle des Klimaschutzgesetzes will die Bundesregierung ein Sofortprogramm vorlegen. Schwerpunkte der Maßnahmen sollen in den Bereichen Industrie, klimafreundliche Mobilität, Landwirtschaft und im Gebäudebereich liegen. Ein zusätzliches Fördervolumen im Umfang von bis zu 8 Milliarden Euro soll dafür bereitgestellt werden.

Ministerpräsident Tobias Hans:

„Klimaschutz und die Begrenzung der Erderwärmung sind die Menschheitsaufgaben des 21. Jahrhunderts. Die Klimaneutralität ist dabei die zentrale Aufgabe der kommenden Dekaden in Deutschland. Die Erreichung der Klimaschutzziele bis 2030 bedarf einer gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung in den 20er Jahren auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität bis 2045. Ich bin daher sehr froh, dass sich die Bundesregierung so schnell auf ambitioniertere Klimaschutzziele geeinigt hat und mit einem Sofortprogramm für die Industrie, die Mobilität, sowie die Landwirtschaft und den Gebäudesektor die zentralen Regelungsbereiche unmittelbar adressiert.

Wir müssen nun die Kräfte bündeln um unserer Wirtschaft bestmögliche Rahmenbedingungen bei der Dekarbonisierung der Produktion zu geben, den Wirtschaftsstandort Deutschland mit seiner Innovationskraft zu stärken und gleichzeitig einen sozialverträglichen Umbau der Energieversorgung und Mobilität zu gestalten.“

Mit der Neufassung der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz als technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) stand ein weiteres wichtiges klimaschutzpolitisches Thema auf der Tagesordnung. Die Bundesregierung hatte die umfangreiche Verwaltungsvorschrift bereits Ende vergangenen Jahres beschlossen. Da die Verordnung jedoch der Zustimmung der Länderkammer bedarf, stimmten die Länder der Verordnung nunmehr mit zahlreichen Maßgaben zu. Die TA Luft sieht strengere Begrenzungen für den Schadstoffaus-stoß von immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtigen, technischen Anlagen wie Abfallentsorgungen und Fabriken der chemischen Industrie vor.

Die Länder billigten zudem das sogenannte „Schnellladegesetz“, mit dem Mittel für eine leistungsfähigere Ladeinfrastruktur für Elektroautos bereitgestellt werden. Auf Basis des Gesetzes plant die Bundesregierung eine Ausschreibung zum Aufbau eines öffentlichen Schnellladenetzes mit 1.000 Standorten, um die Langstreckentauglichkeit von Elektroautos sicherzustellen.

Ministerpräsident Tobias Hans:

„Das Auto ist im Saarland eine zentrale Stütze des Industriestandortes. Wir wollen im Saarland auch in Zukunft eine Führungsrolle bei der Entwicklung und Produktion umweltverträglicher Fahrzeuge einnehmen. Diese umweltfreundliche und moderne Mobilität braucht jedoch zwingend eine adäquate Ladeinfrastruktur. Ich bin daher sehr froh, dass wir mit dem Schnellladegesetz diesem Ziel einen großen Schritt näherkommen.“

Neben dem Umweltschutz standen zentrale medienrechtliche Vorhaben zur Beratung an. Nachdem der Bundestag in der vergangenen Woche abschließend Beschluss gefasst hatte, brachten die Länder heute mit den Stimmen des Saarlandes zudem die Novelle des Urheberrechts, sowie die Änderungen am Netzwerkdurchsetzungsgesetz auf den Weg.

Die Urheberrechtsnovelle setzt dabei die europäische Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt um und enthält erstmals Regelungen zur urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen für die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte. Zum Schutz der Kunst-freiheit und der sozialen Kommunikation erlaubt der Entwurf die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke insbesondere zu den Zwecken von Zitat, Karikatur, Parodie und Pastiche. Um unverhältnismäßige Blockierungen entsprechender Uploads beim Einsatz automatisierter Verfahren zu vermeiden, werden besondere Regeln für die öffentliche Wiedergabe eingeführt. Die Kreativen sollen für lizenzierte Nutzungen einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen erhalten. Das Gesetz beinhaltet zudem ein neues Leistungsschutzrecht des Presseverlegers sowie Änderungen im Urhebervertragsrecht.

 

Ministerpräsident Tobias Hans:

„Die zeitgemäße Anpassung des Urheberrechts an die digitale Wirklichkeit ist ein wichtiger und überfälliger Schritt. Ich bin sehr froh, dass es uns dabei gelungen ist, in einem sensiblen Bereich einen interessengerechten Ausgleich zwischen allen Akteuren zu erzielen. Das betrifft die Rechteinhaber genauso wie die Kreativen und die Internetnutzer:innen. Die fein austarierte Sicherung der Meinungsfreiheit, bei gleichzeitiger Gewährleistung fairer Vergütungen für Künstler:innen kann internationale Vorbild-funktion für das Urheberrecht im digitalen Zeitalter haben.“

 

Die Änderungen im Netzwerkdurchsetzungsgesetz sollen die Bekämpfung von Hatespeech im Internet und den sozialen Medien erleichtern. Mit dem Gesetz soll die Nutzerfreundlichkeit der Meldewege von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte verbessert werden, die sich in der Praxis zum Teil noch als zu kompliziert oder versteckt erwiesen haben. Die Bereitstellung eines so genannten Gegenvorstellungsverfahren bei Löschung bzw. Beibehaltung von Plattform-Inhalten ist in Zukunft verpflichtend.

 

Ministerpräsident Tobias Hans:

„Der digitale Diskurs und die Sicherung der Meinungsfreiheit im Netz sind elementare Schutzgüter unser Demokratie. Gleichzeitig müssen wir passgenaue Mechanismen schaffen und fortentwickeln, damit der digitale Raum nicht zu einer Plattform für Hass und Hetze verkommt. Hierfür brauchen wir klare, transparente und verlässliche Regelungen für alle Beteiligten. Mit den Änderungen im Netzwerkdurchsetzungsgesetz gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt und präzisieren die Leitplanken.“

Durch Lockerungen bei der Maskenpflicht für Kinder- und Jugendliche dürfen diese künftig in Bussen und Bahnen auch einfache OP-Masken tragen. Hintergrund ist, dass FFP2-Masken vielfach nicht für Kinder ausgelegt sind und bei Kindern nicht gut sitzen. Weitere Änderungen zum Infektionsschutz, die heute beschlossen wurden, betreffen höhere Strafen für Impfdokumentfälschungen und Ausnahmen für Hochschulen von der Verpflichtung zum Wechselunterricht.

In einer umfangreichen Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung für die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern begrüßten die Länder das Vorhaben grundsätzlich, sehen jedoch die Notwendigkeit einer stärkeren finanziellen Beteiligung des Bundes. Das Vorhaben wird nach der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Länderstellungnahme nun im Bundestag weiterberaten.

Mit Unterstützung des Saarlandes passierte zudem das Vorhaben der Bundesregierung zum Verbot des Kükentötens die Länderkammer. Demnach soll das routinemäßige Töten von Hühnerküken aus ökonomischen Gründen ab dem nächsten Jahr verboten und ausdrücklich im Tierschutzgesetz festgeschrieben werden. Der Bund griff damit eine langjährige Forderung der Länder auf. 

Die nächste, reguläre Sitzung des Bundesrates findet am 25. Juni 2021 statt.

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